Michael Hübl
Stephan Balkenhol
Bawag Foundation, Wien, 8.10. – 8.12.1999
Die Überraschung war groß, als Stephan Balkenhol Mitte der 80er Jahre – zunächst in einem Förderstand der Art Cologne (1983), dann als Karl Schmidt-Rottluff-Stipendiat (1984) – mit seinen Holzskulpturen an die Öffentlichkeit trat. Da hatte einer unprätentiös und ohne aufwendige ideologische Rückendeckung die figürliche Bildhauerei widerbelebt. Bemerkenswert war die handwerkliche Nüchternheit, mit der Balkenhol das Material behandelte, wie er es in realistische Abbildungen von Menschen und Tieren verwandelte und dabei doch irgendwie roh beließ: überall Späne, Splitter, Arbeitsspuren, ohne dass deshalb die Machart den Gesamteindruck dominiert (wie etwa bei Manfred Rennertz) oder ein genialisches Espressivo den Ton vorgibt (wie beispielsweise bei Markus Lüpertz). Erstaunlich war auch, mit welcher Konsequenz Balkenhol auf Distanz ging zum seinerzeit gerade noch florierenden Neoexpressionismus der sogenannten Neuen Wilden. Seine Bildnisse, Figuren und Figurinen wirken verhalten-sachlich, obschon sich der Werkstoff Holz nachgerade anbot, den gezielt primitiven Formenkanon eines Kirchner oder Nolde mit dem Zeitgeist der frühern 80er zu durchmischen. Parallelen zeigten sich dagegen außerhalb des eigenen Mediums: etwa in den Fotoarbeiten von Thomas Ruff, dessen großformatige Ablichtungen ebenfalls den Eindruck einer Bestandsaufnahme vermitteln: Deutschland im Herbst des 20. Jahrhunderts.
Seither ist Balkenhol ein gefragter Bildhauer. Er ist vielfach im öffentlichen Raum vertreten. Dort allerdings verschwimmt und schwindet mitunter die Wirkung seiner Arbeiten, und zwar dann, wenn zugunsten besserer Haltbarkeit der Grundsatz der Materialtreue aufgegeben wird und bemalte Bronze eingefärbtes Holz imitieren soll. Sie belegt – ex negativo –, dass die Unmittelbarkeit der Bearbeitung und der natürliche, direkt verfügbare und…