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Ausstellungen: Berlin · S. 323 - 323
Ausstellungen: Berlin , 1989

Thomas Wulffen
Stellvertretende Dürstende

Künstlerhaus Bethanien, 11.5.-28.5.1989

Natürlich bietet sich der Raum dafür an, aber er muß auch so bearbeitet werden, daß dem Betrachter nicht eine schon bestehende Erwartung erfüllt wird. Die Rede ist von jener Kapelle, die das Studio I des Künstlerhauses Bethanien bildet. Wer hier arbeitet, muß entweder mit der Funktion oder gegen die Funktion arbeiten.

Die ungarische Künstlergruppe ‘Stellvertretende Dürstende’ hat beides getan. Wie kritisch man auch immer einer nationalen Identifikation von Kunst gegenübersteht, muß bemerkt werden, daß Kunst aus dem Osten sich weitestgehend einer armen, kleinen Ästhetik bedient, die sich im Gegensatz zu westlichen Beispielen noch dazu einer Portion Anarchismus rühmen kann. Die Gruppe der ‘Stellvertretenden Dürstenden’ ist dafür paradigmatisch. Einer Art Manifest ist zu entnehmen, daß die Gruppe “keine forcierte geistige Einheit und kein Einverständnis” bildet,”zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern besteht kein wesentlicher Unterschied “und die Gruppe “ist gesprächs- und verabredungsfeindlich.” Bewahrt sich hier auch der Impetus einer wie immer gearteten Kunstavantgarde, so bleibt doch festzuhalten, daß gerade das hier als eine Art Erinnerungsstütze für eine Künstlerschaft dienen kann, die ihre Geschichte hinter sich gelassen hat. Die erwähnte arme Ästhetik entwickelt sich sowohl aus dem ‘ideologischen’ Untergrund als auch aus der bloßen Materialität, die sich ebenfalls arm gibt.

Die Installationen in der Kapelle des Künstlerhaus Bethanien belegten das. Die Empore zeigte das malerische Oeuvre, eine Menge kleiner Zeichnungen auf DIN A4 Blättern, meistens Aktdarstellungen, die im Kapellenraum eine besondere Dimension entfalten. Die Inszenierung leugnet nicht den Ort, sie geht auf ihn ein, aber verkehrt dessen Bedeutung in den Raum einer…


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