Paolo Bianchi
Stadtkunst als Res Publica 2.0
Kunst ist auch eine öffentliche Sache und das heißt, dass in dem Fall von einem gemeinschaftlichen Ereignis gesprochen werden kann. Weitet sich die Kunstszene von Atelier und White Cube auf Stadt und Öffentlichkeit aus, so vollzieht sich das in der geglückten Version mit einem hohen dialogischen Spannungsanteil an „öffentlichen Angelegenheiten“ („res publica”). Das führt zu jenem Doppelblick auf Stadt und Kunst, der nicht nach Harmonie strebt, sondern mit der Lust an der Herausforderung zu spielen weiß. Die Kunst ihrerseits setzt ihr Potenzial als Störung, Unterbrechung, als Durchkreuzung und Verschiebung oder als Gestus des Widerspruchs ein. Nach dem Motto: Erlaubt ist, was stört!
Stadtkunst – Gerechtigkeit, Sinn, Freiheit
Res publica 2.0 bezeichnet den Prozess, in dem die Kunst als eingreifendes Ereignis im öffentlichen Raum zur Stadtkunst avanciert. Der Begriff res publica 2.0 steht für die Vorgehensweise von Bürgern und Künstlern, die am Lack der glatten Lebenswelten kratzen und die in den Routinen herrschender Strukturen und Umgangsformen den Grund für gesellschaftlichen Stillstand sehen. In der res publica 2.0 käme es auf den herrschaftsfreien Diskurs an, bei dem nicht der Grad der Autorität seiner Mitglieder von Bedeutung ist, sondern der durchlässige und vorbehaltlose Austausch ihrer Argumente untereinander im Vordergrund steht. Mit dem Substrat urbaner Interventionen ließe sich zwischenmenschliche und (inter-)kulturelle Kommunikation generieren – angeregt durch eine anarchische, archaische, akademische oder autodidaktische Ästhetik als Vermittlung. Bei der Stadtkunst steht nicht wie bei der Architektur die Baukultur im Vordergrund, die das öffentliche Leben und den öffentlichen Raum in der Vergangenheit einschneidend…