Ronald Berg
squatting.
erinnern, vergessen, besetzen
Temporäre Kunsthalle Berlin, 2.4. – 24.5.2010
Ein so allgemeiner Bestandteil der künstlerischen Arbeit wie Erinnern und Vergessen, bekommt auf einmal Brisanz, wenn er als Thema einer Ausstellung einen prominenten Platz besetzt. Zumal wie auf dem Berliner Schlossplatz, wo beide Tätigkeiten den öffentlichen Raum buchstäblich umpflügen. Nach dem Abriss des Palastes der Republik wird hier gegraben und gebuddelt, es wird mit Rasen aufgehübscht und mit Info-Boxen Propaganda gemacht für die Wiedererrichtung der Fassade des von Walter Ulbricht 1950 gesprengten Hohenzollernschlosses. Erinnern und Vergessen sind also an diesem heißumkämpften Ort ganz handfeste Dinge: Hier sollte mit Sprengungen und Abriss vergessen gemacht werden, und hier soll mit neuerrichteten Barockfassaden an etwas Vergessenes erinnert werden. Nicht umsonst kommt im Titel dieser ersten Themenausstellung in Berlins Temporärer Kunsthalle neben „erinnern“ und „vergessen“ noch das englische Wort „squatting“ hinzu, dass dafür steht, ein Haus oder eben einen Platz zu besetzen. Die Temporäre Kunsthalle mischt sich so nicht nur mit ihrer schlichten und provisorischen Architektur in das Geschehen auf dem Berliner Schlossplatz ein, sondern jetzt auch inhaltlich.
Der von Carsten Nicolai außen gänzlich weiß gehaltene Kubus der temporären Kunsthalle formuliert gleichsam die Antithese zum Baustellen-Durcheinander gleich nebenan. Nicolais Fassade, die sich nach und nach mit bereitgestellten Aufklebern beleben soll, die die Besucher dort anbringen, gehört nicht zum Konzept der Ausstellung im Inneren der Kunsthalle. Den beiden Ausstellungsmacher, Tilo Schulz und Jörg van den Berg, kommt Nicolais Fassadenidee – die Besetzung der Leere nach je eigenem Gusto – nach eigener Aussage dennoch ganz gut zupass….