MATHIAS FUCHS
SPIELRÄUME ALS WISSENSRÄUME
Biologen mit dem Forschungsschwerpunkt der Familie Igel (Erinaceidae), lächeln milde über das Spiel “Sonic the Hedgehog”, Soziologen, die über italienische Installateure forschen, finden bei Super Mario wenig Wissenswertes und Kunstgeschichtler mit dem Schwerpunkt persische Kunst halten das Spiel “Prince of Persia” bestenfalls für einen Witz. Ich möchte im Folgenden den Versuch unternehmen, Spielräume als Dispositive für Wissensrepräsentation vorzustellen und insbesondere nachzuweisen, dass Aby Warburgs Projekt einer transkulturellen, Raum und Zeit überschreitenden und bisweilen antirationalen Kulturanalyse einen neuen Spielort finden könnte: Computerspiele.
Der Grund, warum Computerspiele in den meisten Fällen als ungeeignet zur Wissensvermittlung angesehen werden, liegt einerseits in sozialen und altersbedingten Ressentiments anderseits aber auch in der Annahme, dass die strukturellen und logischen Voraussetzungen eines Spieles wenig mit den strukturellen und logischen Erfordernissen wissenschaftlicher Forschung zu tun haben. Computerspiele sind unlogisch. Man kann in ihnen mehrmals sterben, wiederauferstehen, sich verdoppeln oder unsichtbar machen. Man kann durch Wände gehen oder die Gravitation auf den Kopf stellen. Computerspiele sind unscharf und verwirrend in Bezug auf Genre und Disziplin. Installateure wie der berühmte Super Mario werden in Hinblick auf sportliche Leistungen untersucht und nicht auf ihre Fähigkeit mit Rohrbrüchen zurechtzukommen, japanische Schwertkämpfer agieren als Modepuppen usw. Schließlich sind Computerspiele aber auch inkompatibel mit Newton’schen Vorstellungen von Raum und Zeit. In Computerspielen mischen sich kulturelle Versatzstücke, die unserer Vorstellung nach räumlich getrennt gehören, in eins. Europäische Musik mengt sich in asiatische Interieurs, nordamerikanischer Straßenjargon wird von nepalesischen Mönchen gesprochen. Das gleiche gilt für die Zeit. In vielen Computerspielen badet man…