JÜRGEN RAAP IM GESPRÄCH MIT ALEX LACHMANN ÜBER RUSSISCHE KUNST
Im November vergangenen Jahres eröffnete der gebürtige Russe Alex Lachmann seine Ausstellungsräume in der Kölner Kreishaus-Galerie. Zum Auftakt wurden “Nonkonformisten” gezeigt, die in den sechziger Jahren ihre Laufbahn begannen, jedoch in der Breschnew-Ära lange Zeit im Verborgenen arbeiten mußten und vom offiziellen Ausstellungsbetrieb ausgegrenzt waren: Wladimir N. Njemuchin z. B. nahm 1973 an der sogenannten “Bulldozer”-Ausstellung auf einem freien Feld bei Moskau teil, deren Exponate kurz nach der Eröffnung niedergewalzt wurden, Wladimir B. Jankilewski hatte nach seiner Teilnahme an der Nonkonformisten-Ausstellung in der Moskauer Manege jahrelang Ausstellungsverbot.
Dem westlichen Publikum wurde Ilja K. Kabakov erst Mitte der achtziger Jahre bekannt, andere erst durch die Moskauer “Sotheby’s”-Auktion im Juli 1988.
Doch inzwischen hat Gorbatschows Reformpolitik ohne Zweifel auch positive Auswirkungen auf die Kulturpolitik – im Zuge der Perestroijka werden dort nicht nur vereinzelt Retrospektiven von Kandinsky und Malewitsch gezeigt, sondern der Beginn der Moderne in Rußland generell umfassend erforscht und dokumentiert. Dies bereichert nicht nur das öffentliche Kulturleben, sondern auch das private Sammlerwesen: Zu Lachmanns Galerieprogramm gehören neben den genannten zeitgenössischen Künstlern auch die Avantgarde der Revolutionszeit und die sowjetische Fotografie der zwanziger und dreißiger Jahre.
Nach Lachmanns Einschätzung hatten die siebziger und achtziger Jahre für die zeitgenössische sowjetische Kunst eine ähnliche Signalwirkung wie Informel und Pop-art auf die Kunstentwicklung der sechziger Jahre im Westen: “Eine Zeit des Durchbruchs, der allgemeinen Beachtung, aber auch eine Zeit, in der sich die Werke dieser Künstler mit internationalen Maßstäben messen lassen müssen.”
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J.R.: Herr Lachmann, wie sind Sie Galerist…