MARTIN PESCH
Spiegeln, Falten, Transformieren
ZU DEN ARBEITEN VON ALBERT WEIS
1. Außen
Wenn die Bewohner des Hauses Lutzstraße 7 in München auf ihren Balkonen stehen und in den kleinen Park vor sich schauen, blicken sie zurück in ihre Wohnungen. Das klingt paradox. Aber das Paradoxon ist Wesenselement der künstlerischen Arbeiten von Albert Weis. Er entfremdet Räume, Bauten und Gegenstände von sich selbst und lässt ihre Benutzer, die sich in und mit ihnen heimisch fühlen, zu Fremden im vermeintlich Eigenen werden.
Weis’ Arbeit in der Münchner Lutzstraße befindet sich im Hinterhof des Zentrums für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Tiefbau-Berufsgenossenschaft und ist mithin Kunst am Bau. Sie bezieht sich auf ein im rechten Winkel an das Verwaltungsgebäude grenzendes dreistöckiges Wohnhaus, das Angestellten und Pensionären der Organisation vorbehalten ist. Weis hat den Grundriss einer Stockwerkfläche in den Innenhof gespiegelt und in Form vierzig Zentimeter hoher Betonmauern sichtbar gemacht. Als Spiegelachse diente ihm jene Hecke, die das Grundstück des Privathauses vom öffentlich zugänglichen kleinen Hof abgrenzt. Über den Rasen und durch die langsam überwuchernde Hofbepflanzung zieht sich jetzt ein abstrakt anmutendes Muster von Mauern aus Beton, das dennoch konkret auf die Wohnsituation der dort lebenden Menschen bezogen ist.
Der in den öffentlichen Raum gespiegelte Grundriss der Privatwohnungen ist durchzogen und unterbrochen von dort befindlichen funktionalen Einrichtungen: einem gepflasterten bzw. geschotterten Weg und einem Notausgang einer Tiefgarage. Es durchkreuzen sich hier also private und öffentliche architektonische Notwendigkeiten, und diese Vermischung stellt die Abgrenzung beider Bereiche in Frage. Die kniehohen Betonmauern geben dem Park zudem die Anmutung einer Ausgrabungsstätte; das…