S.D. Sauerbier
Soziale Prozesse und Kunst
Kunst als sozialer Prozeß
Soziale Prozesse als Kunst
Bei der Vorbereitung dieses Beitrags habe ich in Korrespondenz mit dem Herausgeber den Typ des ästhetisch Produzierenden charakterisiert, wie er mir bezeichnend und bedeutsam für den derzeitigen Stand der Kunstentwicklung erscheint: der Künstler als distanzierter Sozialforscher und als beteiligter Initiator oder Beobachter von sozialen Prozessen. In Thesen habe ich dabei die Leistungen dieses neuen Künstlertyps behauptet:
1. Es interessiert an diesen Arbeiten die Kritik und Weiterarbeit am Konzept der Ideen-Kunst, wobei allerdings nun die Ausführungen der Ideen von Künstlern als Pläne durch die Teilnehmer unabdingbar sind.
2. Bedeutsam sind solche Stücke als Kritik und Fortführung der Partizipations-Kunst – dabei ist die Arbeit der Teilnehmer Jetzt aufschlußreich für diese selbst und nicht mehr gleichgültig als Resultat wie bei vielen Aktionsstücken der 60er Jahre, welche an die Teilnehmer gewisse Aufgaben und Tätigkeiten delegierten. Zur Debatte gestellt werden hier nämlich die sozialen Interaktionen, das gesellschaftliche Handeln auf Gegenseitigkeit, in dem sich die Kunstrezipienten selbst faktisch befinden.
3. Die Prinzipien von Darstellung (Mimetik) und ,Wirklichkeitsadaption’ (Präsentation – in der Nachfolge Duchamps) werden in diesen Formen zur Synthese gebracht, nachdem sie lange Zeit als unversöhnliche Antithesen galten: Abbildendes Nachahmen und behauptendes Deklarieren sind darin integriert.
4. Selbstdarstellung und Fremdwahrnehmung werden als soziale Prozesse in die Arbeit einbezogen: Das Bild, das z.B. der Fotografierende als Ausführender von seinem Foto-Objekt (Modell) im Kopf hat, und das Bild, das der Ausführende von sich selbst hat – sie sind zu vergleichen mit dem Bild, welches das Foto-Objekt von sich…