Sowjetunion
Moskau
A.V. Chusev Museum of Architecture
Kunstforum: Herr Baldin, Sie sind der Direktor des ältesten Architekturmuseums der Welt. Wie kommt es, daß die Sowjetunion das erste Architekturmuseum gegründet hat?
Baldin: 1934, als das Museum gegründet wurde, bestand der Wunsch, die Qualität des Bauens zu verbessern und Zeugnisse der Architektur zu bewahren, um die sich bis dahin niemand gekümmert hatte. Die ersten Jahre hindurch konzentrierte man sich auf das Sammeln dieser Dokumente alter Architektur. Eine der ersten Ausstellungen war eine wissenschaftliche Darstellung der Entwicklung der russischen Architektur mit der Aufgabe, eine Bewertung ihrer verschiedenen Phasen zu ermöglichen und ihre nationalen Eigenarten zu bestimmen.
K.: Dann war das Museum in erster Linie eine historisch ausgerichtete, erzieherische Institution?
B.: Vor allem vor dem Krieg. Mittlerweile hat sich allerdings der Arbeitsbereich erheblich erweitert, vor allem um die aktuellen Probleme von Architektur, etwa die Rekonstruktion historischer Städte und die Probleme der Kombination alter Gebäude mit neuen.
K.: Vor und nach der Oktoberrevolution sind ja in Rußland zahlreiche avantgardistische Gruppen tätig gewesen, die ihre Ziele eher in einer Änderung der Architektur als in der Sammlung von alter Architektur gesehen haben. Sind deren Projekte jetzt in ihrer Sammlung?
B.: Die Oktoberrevolution war eine Revolution der Ideen, von Ideen, die nicht nur für Rußland, sondern für ganz Europa wichtig waren. Wir schätzen diese Phase der neuen Ideen in der Architektur sehr hoch ein und sie ist in unserer Sammlung breit repräsentiert. Es ist damals zwar nicht viel gebaut worden, aber die Ideen und Vorstellungen sind auch heute noch wichtig und in der Darstellung der…
