Heinz-Norbert Jocks
Sowjetische Kunst um 1900
BiNationale 1991, UDSSR
Kunsthalle, Düsseldorf, 12.4. – 2.6.1991
Seit “Perestrojka” und “Glasnost” steigert sich die Neugierde des westlichen Blicks auf osteuropäische Kunst. Auch auf dem Markt, wo bekannte Galerien in den Vereinigten Staaten und Westeuropa mit sowjetischen Künstlern Verträge abschließen und ihre Arbeiten zu sensationellen Preisen verkaufen, setzt sich diese Tendenz durch. Die Biennale in Venedig widmete den ehemaligen Dissidenten aus der UDSSR sogar eine eigene Ausstellung und verwies auf eine Szene, aus der zum großen Teil jene Künstler hervorgegangen sind, die heute das Gesamtbild sowjetischer Kunst prägen.
Nun verschafft, und das ist in diesem Umfang bisher einmalig, die Düsseldorfer Kunsthalle einen lebendigen Einblick in die “Sowjetische Kunst um 1990”, so der simple Titel einer großangelegten Schau mit 27 Beteiligten. Was hier zusammengekommen ist, reicht als Einblick. Ob er zusätzlich einen Überblick über den jetzigen Stand liefert, ist wie immer schwer zu sagen. Trotz der “spürbaren Rivalitäten”, auf die der Kunsthallen-Direktor Jürgen Harten hinwies, ist die Ausstellung in ihrer Gesamtanlage wie aus einem Guß. Zuweisungen, zu denen wir beim ersten Rundgang neigen, erweisen sich beim zweiten als recht oberflächlich, dies zumal, wenn man hört, wie Künstler über ihre Werke sprechen. Wer das Versammelte in seiner Qualität erfassen will, die da zum Ausdruck kommt, ist dazu verdammt, unsere ästhetischen Maßstäbe für einen Augenblick zu vergessen. In Distanz zur Lage unserer Kunst zu gehen, ist erforderlich, um die sowjetische in ihrer Eigenart verstehen zu können, ohne sie vorschnell dem Vergleich mit unseren Standards zu unterziehen. Stärker als in Ausstellungen westlicher…