Frank-Alexander Hettig
Sophie Calle
»Absence«
Museum Boymans-van Beuningen, Rotterdam,27.3. – 29.5.1994
Kunstvoll verzahnt Sophie Calle Lebenswege und Schicksale von Menschen miteinander, und in diesem Panorama ist sie persönlich der Mittelpunkt – ein Katalysator, an dem sich viele reiben. Mit Hilfe eines Walkmans muß man ihren autobiografischen Beitrag in allen Ecken, Winkeln und Vitrinen des Museums suchen. So entdeckt man zum Beispiel einen banalen roten Plastikeimer in der Vitrine antiker Toiletten, Briefe zwischen Design, oder eine blonde Perücke und einen roter Schuh in der Kostümabteilung. Diese Gebrauchsgegenstände, Briefe und Gemälde werden nicht mit Entstehungsdatum und Formgeber, sondern durch einen kurzen Text erläutert, der meistens mit “Ich” beginnt. Durch diese Aufzeichnungen wird deutlich, daß es sich um Objekte handelt, die für Calle eine persönliche Bedeutung haben und die eine Rolle in ihrem eigenen Leben gespielt haben. So liest und hört man kurze Teile und Details von ihrem Intimleben, Begegnungen und familiären Umständen.
Durch die Suche nach den autobiografischen Objekten und Aufzeichnungen im Museum gerät der Betrachter in eine Spurensuche nach dem Leben, der Vergangenheit und Identität der anonymen Sophie Calle. Es wird nicht nur eine Suche, sondern beinahe eine Fahndung und Verfolgungsjagd nach geheimnisumwitterten Fragmenten ihrer Persönlichkeit und ihrer Identität. Wie in einem Puzzle erfährt man erst langsam durch diese intimen Fragmente, Teile ihres Lebens. Gleichzeitig beginnen auch die ansonst anonymen und normalerweise nicht in einem Museum zu sehenden Objekte eine Bedeutung zu erhalten. Objekte, die sonst durch die Ausstellung in einem Museum Teil der distanzierten Geschichte bleiben, werden nun durch die tagebuchartigen Informationen, Meinungen…