Heinz-Norbert Jocks
Song Dong
Kunsthalle Düsseldorf, Düsseldorf, 6.12. – 13.3.2016
Song Dong ist in Düsseldorf glücklich gelandet. Wie kaum ein anderer Künstler unserer Tage, unter dessen Regie sich die komplexen Felder des Privaten und des Öffentlichen, das Kleine und das Große miteinander verweben. So subtil, geradezu feinfühlig und sinnlich, dass seine Kunst so unterschwellig wie beiläufig politisch wirkt, obwohl sie ihren Fokus vor allem auf die Unwägbarkeiten und Widersprüche alltäglichen Lebens richtet, vermag er mit seinen Werken die Herzen zu erobern und anzurühren. Gleichzeitig versetzt er unser Denken in eine andere Bewegung, in die wir uns zuvor entweder nicht getraut oder begeben haben. Mit der brillant arrangierten Retrospektive, die Gregor Jansen in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler in der Kunsthalle am Grabbeplatz realisiert hat, ist ein thematisch so weitgespanntes wie diverses, aber in sich organisch zusammenhängendes, geradezu verknotetes, gesellschaftskritisches Werk zu besichtigen. Mit dem zu abgenutzten Begriff des Interdisziplinären, der heute für alles und nichts herhalten muss, ist es nur unzureichend beschrieben. Sind doch die Übergänge zwischen Installationen, Videos, Fotografien, Skulpturen und Performances, die in Düsseldorf versammelt sind, so fließend, dass Trennlinien völlig absurd erscheinen.
Seinen notorischen Abschied von der Malerei nahm der 1966 in Peking geborene Sohn eines Ingenieurs, der wegen zu Unrecht unterstellter konterrevolutionärer Aktivität während der Kulturrevolution in ein Umerziehungslager gezwängt wurde, nach seinem Studium an der Capital Normal University in Beijing. Das war 1989, also in dem schrecklichen Jahr des von den Offiziellen bis heute verschwiegenen Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens, das eine ganze Generation nachhaltig traumatisiert…