Susanne Düchting
Solid Liquids
Internationale Tendenzen der Skulptur in der Gegenwartskunst
Kunsthalle Münster, 11.6. – 25.9.2016
Solid liquids“: Wie in der Quantenphysik gibt es auch in der Kunst den schwer zu fassenden Zustand des „Fest und doch flüssig“, so die These der Kuratoren G. Kirkpatrick und M. Lütkemeyer. Genau ein Jahr vor “Skulptur.Projekte” zeigt die Kunsthalle Münster, zehn Positionen der zeitgenössischen Skulptur. Die Arbeiten transformieren und adaptieren einerseits Ansätze der 1960er bis 1990er Jahre (von ready made, combine painting über minimal art, concept art bis hin zu Appropriation). Andererseits betonen sie ihr Gemacht-Sein, d.h. ihre materiellen Eigenschaften und kompositorischen Details und reflektieren Präsentationsformen (Sockel, Vitrine). Die hybriden Skulpturen bieten mit narrativen, symbolischen und subjektiven Referenzen an jeden erdenklichen Kontext unzählige Anknüpfungspunkte für die Rezipienten, ohne dass es – und das ist sowohl künstlerisches als auch kuratorisches Konzept – eine abschließende Interpretation geben könnte. Sie lösen ein diffuses Unbehagen aus, vielleicht, weil sie die Schnittstellen von Kunst, Design, Technik, Dokumentation und Wissenschaft neudefinieren und auf Erkenntnisebenen zugreifen, die bisher nicht allgemeinverständlich zugänglich bzw. sichtbar waren? Oder weil sie manieristisch wirken und mit Instabilitäten spielen?
Ausgangspunkt ist die pseudo-wissenschaftliche Versuchsanordnung „Inn 1“ (2015) von David Altmejd (*1974, Kanada). Mittels Anleihen bei Fauna, Flora und Humanbiologie simuliert und karikiert der Künstler Gesetzmäßigkeiten, aber auch deren Ausbeutung. Bei Björn Dahlem (*1974, D) zitieren Modelle kosmologische („Saturn Melancholia“, 2011) oder liturgische Objekte („Der Goldene Baum“, 2013) aus Kunst- und Wunderkammern, wobei ihnen die polygonalen Sockel und die profanen Materialien eine beiläufige Ironie verleihen. Johanna K. Becker (*1980, D)…