Solare Ästhetik
JÜRGEN RAAP IM GESPRÄCH MIT JÜRGEN CLAUS
Jürgen Claus, Jahrgang 1935, ist Professor an der Kölner Kunsthochschule für Medien und erhielt für seine Solar-Kunst 1995 zusammen mit Nora Claus den “Europäischen Solarpreis”. In seiner jüngsten Publikation “Kulturelement Sonne – Das solare Zeitalter” (Edition Interfrom Osnabrück/Zürich 1997) beschreibt er auch ausführlich “forschungsorientierte solare Kunstwerke”.
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Jürgen Raap: Herr Professor Claus, Sie haben sich schon in den sechziger und siebziger Jahren künstlerisch mit dem Licht auseinandergesetzt. 1983 kamen Sie dann zur Erfindung von kybernetischen Sonnenskulpturen, und zwar durch das Studium der Lichtleistung von Plankton. Ein erster Entwurf 1983 sah vor, auf der Meeresoberfläche Solarmodule zu plazieren. Ein Jahr später testeten Sie eine erste “Sonnenpyramide” im Wasser. Inwieweit hat eigentlich bei Ihren frühen Arbeiten eine Auseinandersetzung mit ZERO eine Rolle gespielt?
Jürgen Claus: Ich war durch eine Einladung von Otto Piene 1983 und in den folgenden Jahren an das Center for Advanced Visual Studies am MIT in Cambridge gekommen und konnte dort Kontakte mit Leuten knüpfen, die meinen eigenen umweltbezogenen künstlerischen Ansatz bestätigten. ZERO war wichtig, aber Anfang der sechziger Jahre hatten mich zeitweise auch die kybernetischen Konzepte von Nikolaus Schoeffer fasziniert. Das änderte sich in Bezug auf Schoeffer allerdings, als es zu “totalitären” Großprojekten kam.
Es gab also bei der kinetischen OP ART (Optical Art) mit ihrer dynamischen Licht-Farbe-Modulation oder bei der frühen Concept Art und Computerkunst in den sechziger Jahren schon Ansätze, künstlerische Prozesse in einer Analogie zu wissenschaftlich-technologischen Abläufen zu sehen?
Ja, ich selbst hatte schon in den sechziger Jahren eine “Expansion der Kunst” vertreten…