ULRICH TRAGATSCHNIG
Sol LeWitt: Photography
Ico Fundación, Madrid, 9.6. – 27. 7.2003
Camera Austria, Graz, 3.4. – 30.5..2004
Die Fotografie ist spätestens seit Mitte der 70er Jahre ein integraler Bestandteil der künstlerischen Arbeit Sol LeWitts, das wichtigste Medium in den zur schrankenlosen Konsumierbarkeit von Kunst zahlreich aufgelegten Künstlerbüchern und – das überrascht vielleicht – selbst als dem Realen vorab kaum zweiflerisch entgegentretendes Verfahren dem Werk des Künstlers nahtlos eingepasst.
Schon die autorisierten Ablichtungen der Incomplete Open Cubes (1974) erschöpfen sich kaum in der Rolle als bloße Dokumentationen nach Art hilfsdisziplinärer Supplemente. In der Arbeit durchlaufene Figurvarianten werden fotografisch inventarisiert, nicht ohne ihren systematischen Charakter zu bestätigen. Die gebauten Modelle sind als geglättete und von allem Umgebungslärm gereinigte, auch flächig lesbare Strukturen in hartem Schwarzweiß wiedergegeben. Damit werden technische Paradigmen des fotografischen Ablichtens mit ins Kalkül gezogen, um den Minimalismus der abgebildeten Objekte auf die Spitze zu treiben. Der Serie von 511 Aufnahmen eines jeweils unterschiedlich aus neun Lichtquellen beleuchteten Würfels (Cube, 1988) reicht die mediale Inszenierung als Permutationsursache schließlich völlig.
LeWitts Fotos sind nie abstrakt und abstrahieren dennoch. Ob LeWitt eine in der Nähe seines New Yorker Ateliers gelegene Ziegelmauer zu unterschiedlichen Tageszeiten oder Wolken oder Fenster aufnimmt, in der Zusammenschau entwerfen die zu Serien geordneten Bilder Typologien von Erscheinungsweisen. Ähnlich wie das Werk Bernd und Hilla Bechers führen sie als Exemplare vor, dass die Besonderheit des Einzelnen und die Allgemeinheit eines Typus einander bedingen, sich wechselseitig erst hervorbringen. Mitunter, wenn etwa LeWitt die Dinge seines Hausrats auf 1101 Fotos festhält und nach Gattungen…