Jürgen Raap
Skulptur statt Denkmal
Open-air-Projekt in Düsseldorf
Die Toleranz gegenüber Skulptur im öffentlichen Raum ist größer, wenn die Anwohner von vorneherein wissen, daß die Arbeiten dort nicht dauerhaft verbleiben sollen”, haben die beiden Düsseldorfer Galeristinnen Marion und Roswitha Fricke festgestellt. Dennoch: einen Tag vor dem geplanten Abbau wurde Raimund Kummers Glasherz aus dem Brunnen an der Mariensäule gestohlen. Die Bodenskulptur aus Blei und Blattgold von Shirazeh Houshiary erlitt Beschädigungen, und die beiden Galeristinnen wunderten sich, daß Inge Mahns Beitrag besonders heftig angefeindet wurde, obwohl ihre an Bäume angeketteten Metall-Sterne im Vergleich zu den anderen Arbeiten “relativ konventionell” waren. Reges Interesse einerseits, achselzuckendes “Was soll das Ganze?” andererseits markierten das Spektrum der Publikumsreaktionen zum Projekt “Skulptur statt Denkmal” im Düsseldorfer Zitadellviertel.
Neun Künstler hatten die beiden Fricke-Schwestern eingeladen, von Ende 1993 bis Januar 1995 nacheinander auf ein historisch gewachsenes Viertel am südlichen Rande der Altstadt zu reagieren: “Wir hatten bewußt diesen zentralen Ort gewählt, wo jeder irgendwann einmal vorbeikommt, und zwar immer wieder, und sich darauf einlassen konnte, wie dieser Ort in einer ‘unbemerkten Form’ sich ständig veränderte. Es war ein sehr ruhiges Projekt.”
Nicht durch Denkmäler, mit denen die Stadtväter sonst nur heimatkundliche Akzente setzen, sondern mittels junger und aktueller Skulptur sollten die Bausubstanz des 18. Jahrhunderts und die Geschichtlichkeit des Quartiers reflektiert werden: Ian Hamiltan Finlay markierte den Ort mit einer Bronze-Plaque, deren Inschrift sich auf die Ideale der Französischen Revolution und die Besatzung des Rheinlands durch napoleonische Truppen 1794 bezog. Houshiarys “Dancing around my ghost” erinnerte an eine Rose, war aber…