Andreas Denk
Simone Westerwinter
Bonner Kunstverein, 1.2. – 19.3.1995
Bi-Bi-Bi-Bi-Bi-Bildhauer”. Simone Westerwinter muß sich die Aussprache der Bezeichnung für eine klassische künstlerische Berufssparte wahrlich schwer erarbeiten. Immer wieder schaut sie rotweißkariert-behemdet in die Kamera und setzt die gewollte Wortfindungsstörung auf’s neue in Szene. Eine einzige Sequenz unterbricht die nicht nur bei der Akteurin schweißtreibende Serialität des 20-Minuten-Videos “Bildhauer” (1994): Ein Zwischenschnitt auf das Blow-up von “Red Butt (Close up)” oder etwas ähnlichem, das Jeff Koons zu glücklichen Zeiten mit Cicciolina während eines Geschlechtsverkehrs aufnahm. Davor posiert ein Paar. Verrät Simone Westerwinters anschließender, ein wenig zur Seite gewandter Blick und die etwas niedergeschlagenen Augen moralische Entrüstung? “Bi-Bi-Bi-Bi-Bi-Bildhauer” setzt sie gnadenlos nach einer kurzen Orientierungsphase ein: Nicht das horrible Erlebnis des Koitus des ehemaligen Traumpaars ist gefragt, sondern die Formulierungsproblematik einer jungen Künstlerin angesichts der Tatsache, daß tatsächlich schon alles abgebildet, zur Kunst umgeformt, zur Skulptur erklärt worden scheint. Doch ist Westerwinter mit der Feststellung dieser Tatsache allein nicht gedient. Sie hat in drei Werkgruppen Ansätze formuliert, die jenseits von Duchamps starkem Postulat des ready-mades, dem daraus zügig und schlüssig fortentwickelten konzeptuellen und kontextuellen Arbeiten von Joseph Kosuth und Koons vergleichsweiser rückschrittlicher Banal-Ästhetik eine erneuernde “bildhauerische” Arbeit überhaupt möglich werden läßt.
Eine Arbeit o.T., eine Ein-Liter-Milchtüte der guten “H-fettarmen Milch” von PLUS (1,5 Prozent) mit kariertem Unterteil weist den Weg zum Leitmotiv der rot-weißen Karierung des Werksatzes “Erziehung durch Dekoration”, die auch Westerwinters Outfit im Video bestimmt: Ihre “Große Feldarbeit” von 1991 besteht aus einem karierten Picknicktuch auf dem Boden, das sicherlich nicht nur Monets…