Visionäre Gesamtkunstwerke
Zehn Eigenwillige Environments
Von Sal Scalora
Simon Rodia: Watts Towers, Watts (Kalifornien)
Simon Rodia (wann er geboren wurde, weiß niemand genau, ein Geburtsdatum war nie aufzutreiben. Eventuell war es 1879, vielleicht auch 1882) war ein ungebildeter, immigrierter italienischer Arbeiter von kleiner Statur, der sich 1921 entschloß, hinter seinem Haus zu bauen. 1954 stellte er seine monumentalen “Watts Towers” fertig. Bis heute weiß niemand, was die Türme darstellen und was sie bedeuten, denn auch Rodia sprach darüber zu niemandem. Obgleich die Türme dem Werk des berühmten Architekten Antonio Gaudi ähnlich scheinen, ist nie nachgewiesen worden, ob Rodia dessen Werke kannte. Ihr Ruhm ist weltweit anerkannt, und ihr Fortbestand legt nahe, daß solche egozentrischen Manifestationen durchaus öffentliche Unterstützung erhalten und endgültige Rettung erfahren können.
Rodia ließ sich in Watts nieder, einem Vorort von Los Angeles, der für seine eingeschossigen kleinen Bungalowhäuser bekannt war. Schon bald danach begann er, die Türme hinter seinem Haus zu erbauen. Da er Stahlträger verwendete, wie sie zur Verstärkung von Betonbauten Verwendung finden, nutzte Rodia die nahe gelegenen Eisenbahnschienen, um kleinere Abschnitte zurechtzubiegen. Diese Abschnitte wurden dann mit Draht zusammengeflochten und später mit Zementschichten überzogen. Anschließend behängte er die Oberfläche mit einem prächtigen Überzug aus farbenreichen Materialien: Porzellanteller, Glas, Kies, Sodakannen und Flaschen, Seemuscheln und anderen abgelegten Gegenständen. Die Oberfläche schimmerte im Licht und verlieh so dem an sich schon phantastischen Gebilde der Türme eine wirklich magische Qualität. Rodia hat nie geheiratet und wandte all seine Zeit und all sein Geld auf die Errichtung der Türme; ein Prozeß, der alles…
