Uta M. Reindl
Silke Schatz
»Wurzelkind – radical self«
Bomann-Museum und Kunstverein Celle 4.4 – 28.5.2006
Viel Wirbel hat es um die Ausstellung von Silke Schatz in Celle gegeben, denn die dort 1967 geborene Künstlerin betrieb mit ihrer Kunst Vergangenheitsbewältigung, wie es dem niedersächsischen und politisch etwas konservativen Residenz-Städtchen nicht schmeckt. Die künstlerische Spurensuche galt der nationalsozialistische Vergangenheit, die Schatz mit dem Titel Wurzelkind – radical Self überschrieb. Der erste Teil des Titels geht auf ein Kinderbuch zurück, der zweite bezieht sich auf die bis in die Wurzeln gehende Erinnerungsarbeit. In ihrer Ausstellung im Bomann-Museum Celle und im dortigen Kunstverein verquickte die Künstlerin autobiografische Bezüge mit lokalen sowie überregionalen Verweisen auf die Architektur des Bauhaus-Architekten Otto Haesler, der das Fachwerk-Städtchen Celle zum Zentrum des “Neuen Bauens” machte.
Den konkreten Ortsbezug richtete die Künstlerin jedoch nur auf den Teil im Werk des erst unlängst für Celle wieder entdeckten Otto Haesler, dessen freie Anwendung von Stilelementen des Barock, des Klassizismus, Jugendstil in Kombination mit heimatlicher Fachwerkarchitektur ihn bekannt machte. Angesichts der strukturalistischen Zeichnungen von Silke Schatz, die Gebäude in Aufrissen mit einer Vielfalt von Fluchtpunkten zeigen, liegt das Interesse der Künstlerin am “Neuen Bauen” Haeslers nahe, etwa an den Siedlungsbauten, die gerade wegen ihrer strenger Zeilenbauweise für die moderne Architektur vorbildlich waren. Die Ausstellung in Celle umfasste folglich kollektive und private Erinnerungsräume bestehend aus den großformatigen und mit extrem feinen Linien ausgestalteten Zeichnungen der in Köln lebenden Künstlerin, die sie in den neunziger Jahre bekannt machten. Analog dazu waren stark abstrahierte Architekturmodelle…