MAGDALENA KRÖNER
Silke Otto-Knapp: “Orange View”
Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf, 1.6. – 24.8.2003
Es gibt Sehnsuchtsorte, die kennt man, auch ohne jemals dort gewesen zu sein: Las Vegas, Los Angeles.
Diesen Moment des Erkennens, gar Wiedererkennens von etwas, das man nur mittelbar erlebt hat, nutzt Silke-Otto Knapp in ihrer Malerei, die weniger auf der direkten Anschauung denn auf einem großen Archiv aus gefundenen Fotos beruht. Otto-Knapp zeigt Orte, deren tatsächliche Existenz weniger bedeutend ist als ihr festverankerter Platz im kollektiven Unbewussten. Und so kippen die Darstellungen der Orte, die etwas durchaus Wieder-Erkennbares zeigen, immer wieder ins Delirante.
Halluzination, der Traum und die Sehnsucht erscheinen bei Otto-Knapp in intensiven, verführerischen, mithin verwirrenden Farben. Dabei bleibt das, was eigentlich Schwarz in der Nacht schimmern müsste, manches Mal mattweiß stehen – als Negativabdruck der Erinnerung. Diese Stadtlandschaften wirken wie das Nachglühen eines Anblicks unter den Augendeckeln, die man vor dem verschließt, worauf man zu lange geschaut hat. Ein andermal scheint es überall zu lodern und zu brennen: wie Feuer scheint sich das Licht auf die Straße zu ergießen, birst und strömt es aus Häusern und Leuchtreklamen.
Eine solch unerhörte bildliche Präsenz, die zugleich so filigran und schemenhaft daherkommt, provoziert Widerspruch. Das billig und rasch auf schmale Leisten aufgespannte Material, die direkt auf die Leinwand aufgetragene Aquarellfarbe – Technik und Material scheinen auf eine betont flüchtige Malerei hinzuweisen, die sich erst nach einer Weile als langwierig und tastend herausstellt. Hingehauchtes statt kräftigem Strich – Otto-Knapps Bilder entziehen sich. Ihnen muss sich der Blick überlassen, da es…