DIERK STEMMLER
Sigmar Polke
Sigmar Polkes Arbeit entwickelt sich in der Köln-Düsseldorfer Kunstszene der 60er Jahre, wo internationale Tendenzen besonders intensiv reflektiert und von deutschen Künstlern wesentliche Beiträge zu den stets aufs neue durchdachten Problemen zeitgenössischer Kunst geleistet werden. Seit dem Ende des Tachismus haben andere Medien und technische Verfahren die malerische Geste abgelöst, serielle Strukturen werden durch ihre Erfindung zugleich visuell erforscht, Wahrnehmungsinhalte und -gesetze thematisiert. Der Bildleib fungiert als Träger disparater Materialien, in denen verschiedene Wirklichkeitsbereiche einander begegnen, oder in neu erlebter Transparenz. Herkömmliche Zuordnungen verlassen den gewohnten Ort und gewinnen vielschichtige, zugleich aktuelle Aspekte. Einst vom Dadaismus umgestürzte Wert- und Rangvorstellungen werden weiterhin abgebaut oder anders motiviert. Kein technisches und natürliches Produkt erscheint mehr unwürdig, Kunst als Erfahrungsraum menschlicher Bedingungen mitzubestimmen dehnen den Kunstbegriff und lösen in der Verknüpfung geschichtlicher und psychischer Ebenen gedankliche Prozesse aus. Aktionen erzeugen veränderte Kriterien, moderne Verständigungsmittel stellen eine neue Semantik bereit, kommunikatives Material veranlaßt ein Überdenken der Einstellung zum Aufnehmenden. Konzepte suchen mit kargen Mitteln Verwirklichung nur innen oder (und) weit draußen. Die einander oft durchdringenden Phänomene Expansion und Reduktion (Claus Hoffmann, Kunst-im-Kopf, Köln 1972) skizzieren ein Spielfeld, in dem Kunst sich vorwiegend als Bekenntnis zum offenen Problem, zur Veränderlichkeit und insofern – ob für die Öffentlichkeit befriedigend oder nicht – als Politikum erweist. Die Kraft der Assoziation wird stärker denn je herausgefordert und koproduktiv trainiert.
Noch während die Pop Art in der provozierenden Verquickung von Bejahung und Kritik Menschen und Erzeugnisse der Superstadt und Konsumwelt bedrängend nahe (Heubach, interfunktionen 8, S. 57)…