Tadashi Kawamata
Sidewalk
Gespräch von Angelica Bäumer
Sein “Atelier” in Tokio ist nicht mehr als ein kleines Büro, “on the table”, von dem er zusammen mit Mika Kioke seine Unternehmungen organisiert und koordiniert. Sein wirklicher Arbeitsraum ist aber die zivilisierte, vom Menschen gestaltete Welt, dort wo sie am radikalsten die Spur des Menschen zeigt: in den Städten. An diesen Orten ist er für einen begrenzten Zeitraum tätig, wie ein Industriearbeiter “auf Montage”. Will man in die archaischen Tiefen unserer Existenz dringen, so kann man auch – wie oft geschehen – von Nomadendasein sprechen, obwohl dies den modernen, absolut zeitgemäßen Aspekt in der Arbeitsweise von Kawamata ausblendet. Doch ist nicht zu verkennen, daß die Art und Weise, wie er vorgeht und sich seine Arbeit aussucht, etwas vom vor-industriellen Wanderarbeiter hat, der nach der Beendigung seiner handwerklichen Arbeit weiterzog, weil es mehr nicht zu tun gab, um am nächsten Ort seine Dienste anzubieten.
Ferdinand Ullrich
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Angelica Bäumer: Herr Kawamata, Sie haben mit Ihren Installationen in vielen Städten rund um den Globus gearbeitet. Was ist der “Sidewalk – Wiener Neustadt”?
Tadashi Kawamata: Der “Sidewalk – Wiener Neustadt” ist ein etwa 250 m langer Gehweg, auf einer 4,5 Meter hohen Holzkonstruktion über dem Wiener Neustädter Hauptplatz angelegt, der in dieser Zeit des Umbaus ja bereits eine große Baustelle sein wird. Gruben werden ausgehoben und Baufahrzeuge fahren, Leitungen werden verlegt und Material wird gebracht und gelagert. Oben auf dem “Sidewalk” aber gehen die Menschen und schauen zu. Mich faszinieren Bauplätze überall, weil es doch ein ständiges Abbrechen und Aufbauen gibt,…