CHRISTIAN HUTHER
Shopping/I think, therefore I shop
Schirn Kunsthalle Frankfurt, 28.9. – 1.12.2002
mak Frankfurt, 29.8.2002 – 5.1.2003
Ziemlich ordentlich dieser Supermarkt. Alles steht an seinem Platz, die Waren glänzen, der Fußboden ist sauber, Obst und Gemüse sind frisch. Das wirkt schon fast steril, zumal keiner der Anwesenden einen Einkaufskorb oder Waren in der Hand hat. Jeder schaut sich nur um. Diese Szene spielt sich in den nächsten Wochen wohl öfters ab in der Frankfurter Schirn Kunsthalle. Denn gleich im ersten Schirn-Raum steht der Supermarkt des 56-jährigen Belgiers Guillaume Bijl, der unsere Seh- und Einkaufsgewohnheiten hinterfragen will. Immerhin dreht sich die neue Ausstellung der Schirn um “Shopping”, einem “brisanten Thema”, wie Schirn-Direktor Max Hollein gesteht. Denn zum hemmungslosen, lustvollen Kaufen ist derzeit wohl nur für wenige Menschen Anlass. Doch für Hollein ist “Shopping der Motor unserer Gesellschaft und Wirtschaft”. Ohne Konsum keine Wirtschaftsbelebung – so seine von vielen Ökonomen geteilte Meinung.
Früher indes forderten die Politiker in solchen Situationen dazu auf, den Gürtel enger zu schnallen. Heute soll Otto Normalverbraucher mehr kaufen. Konsum ist die “erste Bürgerpflicht”, wie Boris Groys im Katalog konstatiert. Auch New Yorks Bürgermeister Rudolph Giuliani rief kurz nach dem 11. September 2001 zur Normalität und zum Shopping auf, um die allgemeine Lähmung zu lösen und die Wirtschaft anzukurbeln. Er forderte sogar zu Einkaufstrips auf: “Support New York, shop New York”, hieß es seinerzeit auf großen Plakaten. Alles scheint am Kaufverhalten zu hängen und nichts mehr an der Produktion; der Konsum ist zur “leitenden Ideologie unserer Gesellschaft geworden” (Groys). Die…