MARTIN SEIDEL
Shirana Shahbazi
Bonner Kunstverein, 25.9. – 10.11.2002
Ihr Aufstieg ist steil: Shirana Shahbazi erhielt gerade den renommierten “The London Citigroup Private Bank Photography Prize 2002”, verschiedene Stipendien, und immer ergebener zeigen sich die Ausstellungshäuser gegenüber der 1974 in Teheran geborenen und in Zürich lebenden Iranerin. Nun ist es der Bonner Kunstverein, der sich Shahbazis Bildwelt annimmt und zwei Werkgruppen präsentiert, die von west-östlichen Zuständen und Befindlichkeiten sprechen.
Was der achtundzwanzigjährigen Foto-Künstlerin diesen Erfolg beschert, ist schnell zu sehen. Denn da Fotos “in” sind und die Malerei auch, kommt Shahbazi gerade recht. Sie bringt ihre unterschiedlich großen Farb- und Schwarzweißfotografien mit Malereien zusammen, die iranische Plakatmaler nach ihren Fotos gefertigt haben, und darüber hinaus noch mit Fotos dieser Malereien. Zweitens – und das dürfte noch schwerer wiegen – lässt sich Shahbazis teilweise ethnographisch anmutende Bilderwelt als Beitrag lesen zu den allerorten innerhalb und außerhalb der Kunstzirkel geführten Debatten um “Tradition”, “Heimat”, “Fremdheit”, “Migration” und “Globalisierung”.
“Goftare Nik / Good Words”, die in den vergangenen beiden Jahren nach Aufenthalten im Iran entstandene Werkgruppe, ist ein work in progress, das – so im vergangenen Jahr im Kunstverein Freiburg sowie in einer Förderkoje auf der Art Cologne – in verschiedenen Formationen und Tableaus vorgestellt wird. “Goftare Nik”, das im Titel auf die im Iran geläufige zoroastrische Weisheit “Gute Gedanken, gute Worte, gute Taten” rekurriert, sucht offenkundig Momente des kulturellen Wandels und der kulturellen Irritation. Es vereint private und öffentliche Blicke auf Moscheen, auf verschleierte und unverschleierte Frauen, auf Frauen in der Diskothek und am westlich eingerichteten…