RAINER METZGER
Sex in the City
Kunsthalle Wien/Project Space, 5. – 27.9.2003
Der Typ war genauso, wie man sich seinesgleichen vorstellt. Er hatte dieses Rotgesichtig-Schwitzige, korpulent, klein, mit Glatze und Brille, und das unfreiwillig Zölibatäre quoll ihm aus allen Poren. Bei dieser überreichlich dargebotenen Physiognomik saß er auch noch vor jenem der vielfach im Project Space der Kunsthalle Wien verteilten Bildschirme, auf dem Annie Sprinkles “Herstory of Porn” gezeigt wurde. Und bei aller Weiblichkeit der Perspektive waren es doch Pornobilder, die da liefen. Es waren die eindeutigsten Pornobilder, die es im Raum gab. Der Typ jedenfalls war ohne Zweifel einer Sorte von Besuchern zuzurechnen, die nur für diese eine Schau den Weg in die Experimentierbühne am Karlsplatz gefunden hatten. “Sex in the City”, so demonstrierte er unmissverständlich, hatte eine spezielle Attraktivität jenseits des Kunstbetriebs.
Siebzig Prozent derer, die ein Ticket lösten, so schätzte die Frau am Entree, würden aus dem einen, sehr einschlägigen Grund kommen. Vielleicht unterlagen diese Besucher einem Missverständnis, denn natürlich gibt die Schau eine aufklärerische, emanzipatorische Lesart vor. Womöglich aber war das Angebot an die diversen Verklemmtheiten, es sich für ununterbietbare zwei Euro einen ganzen Tag lang in den doch zu allen Kommoditäten einladenden Fauteuils und Kanapees bequem zu machen und dabei auch noch Kennerschaft mimen zu dürfen, einfach unschlagbar. Der Project Space dümpelte bis dato besorgniserregend dahin, war zum Anhängsel des höchst erfolgreichen Cafés geraten. Mit “Sex in the City” hat er seine Besucherzahl gut verdreifacht. Dass derlei im Kalkül der Veranstalter liegt, wurde bereits am Eröffnungstag, als noch…