Serbien
Ivan Grubanov
United Dead Nations
Kommissare: Lidija Merenik, Ana Bogdanovic. Kuratoren: Lidija Merenik, Ana Bogdanovic. Wissenschaftliches Komitee: Jovan Despotovic.
Ort: Pavilion in den Giardini
Der Pavillon der Republik Serbien sieht aus wie ein Schlachtfeld. Überall liegen Haufen blutgetränkter Lappen herum, verwischte Spuren auf dem Boden lassen ahnen, dass hier wohl hart gekämpft wurde. Und es hat Tote gegeben. Deren Namen sind bereits an den Wänden des Pavillons angebracht: Ungarisches Kaiserreich (1867-1918), Tibet (1913-1951), Südvietnam (1955-1975), Deutsche Demokratische Republik (1949-1990), Osmanisches Reich (1299-1922), Jugoslawien (1918-2003) und andere mehr. Alles Nationen oder Staaten, die nicht mehr existieren. Ihre Flaggen liegen als symbolische Leichen auf dem von Ivan Grubanov (geb. 1976) inszenierten Schlachtfeld.
Über mehrere Tage hat der serbische Künstler die Fahnen in Chemikalien und Farben eingeweicht, bevor er sie auf dem Boden des Pavillons ausgedrückt hat. Dort liegen sie nun wie gebrauchte Putzlumpen herum, wertlose Lappen, ebenso form- wie bedeutungslos: Die Glaubenssysteme, die Wert und magische Potenz auf diese Flaggen projiziert hatten, gibt es nicht mehr. Wurden Nationen in vergangenen Zeiten Opfer kriegerischer oder ideologischer Auseinandersetzungen, sind sie heute einer schleichenden Gefahr ausgesetzt. In Zeiten, in denen sich immer größere transnationale oder supranationale Organisationsformen herausbilden und neue politische, militärische und ökonomische Allianzen enorme Macht auf sich konzentrieren, ist der Begriff des Nationalstaates mehr und mehr in Auflösung begriffen.
Mit seinem Biennale-Beitrag „United Dead Nations“ spielt Ivan Grubanov natürlich auch auf die venezianische Großausstellung selbst an. Schließlich hat die Biennale das Konzept der nationalstaatlichen Repräsentationen mit ihrer Erstausgabe im Jahr 1895 eingeführt und hält es als einzige…