Walter Grasskamp
Sentimentale Modelle
Architektur und Erinnerung
für Daniel Spoerri
Die Zweckgebundenheit architektonischer Produkte ist so groß wie in kaum einem anderen Bereich kultureller Produktion: Skizzen und Entwürfe dienen der Vorbereitung des Gebäudes und sind dessen Zweckbestimmung unterworfen, nach der sich auch seine Konturen weitgehend ausrichten, und wenn das Gebäude dann fertig ist, sind alle vorhergehenden Produkte der Planung eigentlich wertlos geworden.
Für bestimmte Zwecke werden diese wertlos gewordenen Zeugnisse der Bauvorbereitung trotzdem aufbewahrt: in den Akten des Bauamtes finden sich die Pläne wieder ; für Lehraufgaben sind ganze Plansammlungen im Besitz von Hochschulen; besonders aufwendige Modelle oder solche von herausragenden Bauaufgaben werden aufbewahrt, zum Teil in dem fertigen Gebäude selbst auf dem Speicher; aus kulturellem Sendungsbewußtsein gründen Architektenverbände Archive ihrer Zeichnungen, und Pläne bewunderter Kollegen finden einen Platz in mancher Privatsammlung.
Von diesen Tradierungswegen zwecklos gewordener Zeugnisse der Bauvorbereitung sind natürlich diejenigen die interessantesten, die sich nicht bürokratischer oder pädagogischer Zielsetzung verdanken, sondern einer diffusen Zuneigung, und diese Zuneigung ist am merkwürdigsten dort, wo sie sich in Modellen niederschlägt, die hergestellt werden, nachdem das Gebäude bereits fertig ist. Denn solche Modelle sind – zumindest nach architektonischer Logik -erst recht zwecklos, besteht doch die kulturelle Leistung des Modells darin, dass es die anschauliche Vorwegnahme einer großen und riskanten Aufgabe ermöglicht und dadurch einerseits das Risiko einzuschränken und andrerseits die Zahl der Lösungsmöglichkeiten zu potenzieren hilft, alle? ohne großen Aufwand. Diese Leistung des Modells, die seine Bedeutung in der Hand des Architekten erklärt, findet im Modell des Bastlers keine Berücksichtigung, es scheint eher wie eine müßige…