Thomas Wulffen
Selbstidentifikation
»Positionen St. Petersburger Kunst von 1970 bis heute«
Haus am Waldsee, Berlin, 3.2. – 19.3.1995
Die Euphorie hat sich gelegt. Nach dem Untergang des sowjetischen Imperiums und dem Fall des Eisernen Vorhangs war die Kunst des ehemaligen Ostblocks gleichfalls Anziehungspunkt als auch Spekulationsobjekt. Mittlerweile hat sich wieder Normalität eingestellt, wenn nicht der frühere Status quo, in dem sich die westeuropäische und amerikanische Kunst gegenseitig ihre Bedeutung versichern. Daher ist es um so bedeutsamer, den Hintergründen der Kunst im ehemaligen Ostblock nachzugehen. Zwar kann man die Hoffnung ad acta legen, daß sich durch die Kenntnisnahme dieser Szenen, und es ist hier im Plural zu reden, Westeuropa und Nordamerika in Frage stellen lassen, aber zumindest bietet die Wahrnehmung vielleicht doch die Möglichkeit, die Perspektive zu erweitern.
Eine solche Erweiterung der Perspektive lässt sich in der Ausstellung “Selbstidentifikation – Positionen St. Petersburger Kunst von 1970 bis heute” im Berliner Haus am Waldsee erfahren. Die neue Direktorin des Hauses, Barbara Straka, Nachfolgerin von Thomas Kempas, hat die Ausstellung zusammen mit Kathrin Becker arrangiert und vor der Station in Berlin in Kiel gezeigt. Neben Moskau ist St. Petersburg das zweite Kunstzentrum Russlands. Schon ein oberflächlicher Blick lässt einerseits die Eigenständigkeit der Petersburger Kunst erkennen, andererseits den sehr viel stärkeren expressiven Gehalt, der sich vor allem über den Körper vermittelt. Dennoch begrüssen den Besucher im Eingangsbereich und im Foyer des Hauses am Waldsee die Insignien ehemaliger sowjetischer Größe. In den Werken von AFRIKA (Sergej Bugaev) sind sie Teil seines Zyklus “Die Aphasie – Der Freund des…