Heinz Schütz
Sean Scully
Städtische Galerie im Lenbachhaus, 12.7.- 27.8.1989
Heißer Sommertag, 32°C im Schatten – vor Scullys “Field”: ein von dem Bild abstrahlender Hitzeschwall scheint die Schweißperlen auf der Haut zu trocknen. Die Bedrängnis durch Hitze wächst. Der Bildrhythmus aus Braun und Orange wird zum Bretterverschlag einer Sauna ohne Türe. Der Körper sucht Abstand, drängt zur Flucht. Wenn es auch müßig erscheinen mag, über den Zusammenhang von Temperatur und ästhetischer Wahrnehmung zu spekulieren – der ursprüngliche Wortsinn von “aisthetos” legt durchaus die Berücksichtigung gesamtkörperlicher Erfahrung nahe: die erhöhte Temperatur verstärkt die physische Präsenz von Scullys Bildern. Ihre Physis fordert die Physis des Wahrnehmenden heraus. Physis der Bilder heißt hier primär Physis der Farbe. In mehreren Schichten übereinandergelagert, im Pinselduktus differierend zwischen pastosem Auftrag und immer wieder reliefartigen Strukturen entwickeln die Bilder eine gleichsam haptische Präsenz. Die Farbe erzeugt keinen von der Fläche abgelösten Raum, selbst dann nicht, wenn die Farbstreifen, aus denen sich die Bilder durchgängig aufbauen, in krassem Hell-Dunkel-Kontrast nebeneinanderstehen. Darin lassen sie sich mit dem antiillusionistischen Flachheitspostulat in Verbindung bringen, das in der amerikanischen Malerei der fünfziger Jahre den Weg zum Minimalismus eröffnete. Fern allerdings des auf Entindividualisierung und Entemotionalisierung drängenden Minimalismus ist Scullys Malerei der letzten Jahre nicht nur geprägt vom handschriftlichen Pinselduktus, sondern die materiale Rückbindung der Farbe und das Zurückdrängen der auf reine Entfaltung drängenden Farbvaleurs erzeugt die immanente Dramatik gefesselter Expression.
In der Schwere und Hermetik der Bilder wirkt Scullys 1975 einsetzende “2. Phase” fort. Über die damals aussschließlich aus Horizontalen gebauten Bilder stellt Scully fest:…