Sean Dawson
Viele der lyrisch-abstrakten Arbeiten des Londoner Künstlers Sean Dawson beschwören Assoziationen des Weltalls herauf. Dieser Eindruck hat wesentlich mit Dawsons Auffassung vom Bildraum zu tun, den er als nicht zu erfassende Größe inszeniert. Stets gestaltet er einen Bildhintergrund, der mal weitgehend schwarz ist, dann in glatten Farbverläufen von einer dunkleren in eine hellere Partie übergeht und manchmal deuten sich, wie im Nebel, verschwommene Schatten an, die als Figuren oder Architektur erahnt werden können. Die Farbe ist dabei völlig glatt, wirkt zum Teil wie mit Airbrush aufgetragen und nur in wenigen Partien lässt sich noch der Pinselstrich erkennen.
Diesen vagen Bildhintergrund macht Dawson zum Raum, indem er ihm fremdkörpergleich wilde, knäuelartige Gebilde einsetzt, in denen sich Fasern, Stränge und Bänder falten, ineinander drehen oder strahlenartig durchkreuzen. Sie erinnern an zerflederte DNA, die Kurven einer Carrerabahn, zusammen geschobene Notenlinien oder die gerissenen Saiten eines Instrumentes und scheinen als Konstrukte planetengleich im Bildvordergrund zu schweben.
In ihrer Dynamik und scheinbaren Spontaneität rekurrieren diese vorderen Bildpartien, ganz im Kontrast zum ruhigen, glatten Hintergrund, auf die gestische Malerei des Informel. Fast scheinen die geschwungenen Linien gezielt den Pinselduktus etwa von Karl Otto Götz nachzuahmen. Während jedoch der abstrakte Expressionist seine Bilder tatsächlich in wenigen lockeren, spontanen Pinselstrichen auf die Leinwand brachte, entstehen die Formen bei Dawson in fast penibler Detailarbeit. So erzeugt Dawson mit einer Technik, die in ihrer Exaktheit an die Malerei des Fotorealismus erinnert, die Illsuion spontaner, informeller Abstraktion. Der Künstler unterzieht damit gleichsam das vermeintlich freie und unberechenbare Moment dieser Malerei seiner absoluten…