CANDICE BREITZ
SCHREIEN, STOTTERN, SINGEN: DAS PLAYBACK DES ICH
EIN GESPRÄCH MIT MAGDALENA KRÖNER
Die südafrikanische Künstlerin Candice Breitz untersucht in ihren Foto- und Videoarbeiten die kulturellen Codes, die die kollektiven und individuellen Identitäten in einer Gesellschaft konstituieren. Dabei greift sie häufig auf vorgefundenes Material aus Massenmedien zurück: Werbefotos, Pornos, Musikvideos, Hollywoodfilme. Breitz bricht die gegebenen semantischen Strukturen der Bilder und Töne, die sie findet, so auf, dass deren verborgene Gehalte aufscheinen oder neuartige Inhalte entstehen. Vor dem Hintergrund des politischen Wandels in Südafrika nach 1994 untersuchte Breitz zunächst visuelle Stereotypen Schwarz-Weißer Repräsentation mit Mitteln der Fotografie. Breitz’ Fotocollagen, darunter die “Rainbow Series”, in der sie Körperfragmente schwarzer und weißer Frauen, die sie aus Pornomagazinen entnommen hatte, zu grotesken Formationen kombinierte, wurden Gegenstand einer heftigen Kontroverse unter südafrikanischen Kritikern. Der Streit über die pornographischen und ethnographische Gehalte von Breitz’ Arbeiten machte vor allem deutlich, wie sehr diese die Kohärenz einer “neuen” südafrikanischen Identität als Fiktion entlarvten1. Heute befasst sich Breitz, mittlerweile in Berlin lebend, in Videoinstallationen verstärkt mit Bildern und Stereotypen einer globalisierten Populärkultur, die sie in internationalen Musikvideos ebenso wie in deutschem Liedgut findet. Sie untersucht den Zusammenhang von Sprache und Identität, von Identifikation und Entfremdung, von Fremdem und Vertrautem. In ihren Video-Inszenierungen mit singenden Amateuren geht es verstärkt um den Moment der Performance, in der Selbst- und Fremdrepräsentation aufeinander treffen, sich überlagern oder etwas Drittes, bis dahin Ungehörtes entstehen lassen.
Magdalena Kröner: Das Grundthema fast all deiner Arbeiten ist die Sprache – Sprache als semantisches Muster, das auf den Einzelnen…