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Titel: Vilém Flusser · von Bernd Wingert · S. 109 - 110
Titel: Vilém Flusser , 1992

Bernd Wingert
Schreiben für Publizieren

Ein Hypertext-Experiment mit einem Flusser-Text

Schreiben für Publizieren” ist der Titel eines Vortrags, den Vilém Flusser am 2.3.1989 in unserem Institut gehalten hat. Die Seminarreihe galt damals noch dem elektronischen Publizieren. Danach wandten wir uns “elektronischen Büchern” zu, nahmen Flussers Vortrag in den neuen Kontext mit und gestalteten ihn zu einem Hypertext um.1 Diese Anwendung, die ich ihm erstmals am 15.5.1991 in Robion vorführen konnte, hat ihn sichtlich beschäftigt. Erste literarische Reflexe erschienen bald darauf,2 weitere waren in Arbeit – so jedenfalls äußerte er sich noch in Essen auf der CulTec. Insbesondere von zwei Möglichkeiten schien Vilém Flusser fasziniert: einerseits an seinen Text andere Texte, auf die er sich bezog, anzuhängen, andererseits seinen Text mit immer weiteren Kommentaren zu versehen und diesen gewissermaßen zuzustellen. Solange ein Text erzeugt, bleibt er lebendig. In diesem Moment liegt in meinen Augen die Berechtigung, dieses Experiment – das noch nicht abgeschlossen ist – im vorliegenden Zusammenhang kurz vorzustellen.

Kontextierung und Kommentierung arbeiten tendenziell gegen einen Autor. Der “Flusser-Hypertext” arbeitet aber auch für den Autor, denn er besteht nicht nur aus dem Vortragstext, einem erläuternden Apparat und Bildern dort, wo auf sie Bezug genommen wird (etwa Picassos “Demoiselles d’Avignon” oder Photos von im Text vorkommenden Personen), sondern auch aus dem “Ton”, genauer, der Tonaufzeichnung des mündlichen und in großen Teilen extemporierten Vortrags. Der Hypertextbenutzer kann sich wahlweise zum Leser des Textes oder zum Zuhörer des Autors machen. In dieser multimedialen Kombination liegt das Angebot; eine reine text- und bildorientierte Anwendung würde den erheblichen…


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