Schnittstellen
Das postmoderne Weltbild
Die Fähigkeit des Menschen, aus dem triebhaft-physischen Eingebundensein in ein “Hier und Jetzt” mental heraustreten und losgelöst von der unmittelbaren Gegenwart die Vergangenheit erinnern und die Zukunft entwerfen zu können, gilt als wesentliche anthropologische Konditionierung. Für die Erfahrung und Beherrschung von Welt und den damit gleichermaßen verbundenen Entwurf von Welt nannte Schopenhauer einen nach außen gerichteten “Willen” und die im Inneren gebildeten “Vorstellungen” als wesentliche Antriebskräfte. Vor diesem Hintergrund ist auch für den Medientheoretiker Gerhard Johann Lischka die “Konstruktion eines Weltbildes” ein Bemühen, “momentane Deckungsgleichheit unserer Innenwelt mit der Außenwelt” zu erreichen, mithin der Versuch einer Balance zwischen physischem Handeln und mentaler Reflexion oder Projektion. Lischka beschreibt, wie jede Entscheidung im Alltag, diese oder jene Richtung einzuschlagen, einen Schnitt bedeutet: an diesen Schnittstellen entwickeln wir z.B. auch Vorstellungen, wie etwas auszusehen habe.
Von daher definiert er die Schnittstelle als “Prozeß der Generierung der Gedanken und des Gedächtnisses”. Da aber heutzutage “ein direkter Kontakt mit der Umwelt immer mehr durch die Vermittlung der (Massen-)Medien sowohl verdrängt als auch erweitert” wird, sind solche Schnittstellen vor allem “Orte der Mediatisierung” mit all ihren Auswirkungen auf die mentalen Prozesse. An diesem Punkt gewinnt Lischka eine klare Abgrenzung gegenüber den eingangs erwähnten philosophiegeschichtlichen Erklärungsmodellen, indem er nämlich die Aufhebung der Unterschiede zwischen den verschiedenen Zeitformen und Zeitverläufen als Charakteristikum für das Weltbild der Postmoderne herausstellt: Paul Virilios Theorie zur Beschleunigung der Vektoren der Bewegung (und damit auch des Informationsaustauschs) hat bei Lischka eine Entsprechung im Hinweis auf die “Globalisierung der Geschichte”, in der die…