VIOLA MICHELY
Scheiße, Sex und Wahrheit
Zur Trias Wim Delvoye, Ghada Amer und Liza Lou
museum kunst palast, Düsseldorf, 2.2. – 12.5.2002
Wörter und Dinge zusammenzubringen, darum geht es. Das ist die Wahrheit. Die Vertreibung aus dem Paradies hat Sachen und Namen voneinander getrennt. Wir müssen sie wieder zusammenfügen. Dazu sind wir auf Erden. Richtig zusammenfügen. Nach bestem Wissen und Gewissen. Um die Wahrheit geht es im Leben. In jedem kleinen Leben, an jedem Tag. Nur dann kann das Wort etwas ausrichten. In der Wirklichkeit. Dazu sind Wörter da. Wörter sind ein Teil der Wirklichkeit.”
Ulla Hahn “Das verborgene Wort”, S.584, Stuttgart/München 2001
Wim Delvoye, Ghada Amer und Liza Lou zeigen alltägliche Dinge und Vorgänge der Realität enthoben. Sie formulieren damit einen neuen Zusammenhang, treffen Aussagen über die Wirklichkeit. Das Verbindende im Arbeiten dieses Künstlers und der beiden Künstlerinnen ist eine Obsession, deren Drängen ich im Folgenden nachspüren möchte.
Wim Delvoye ist bekannt geworden mit seinen materialverfremdeten Adaptionen von Dingen aus dem Bereich der Wohnkultur und des Bauens. Eine Betonmischmaschine erscheint im neuer Aufmachung – ihrer Alltäglichkeit entfremdet – aus Holz mit aufwendiger barock anmutender Schnitzerei und wird zur kostbaren Antiquität. Bei Claes Oldenburg ist es der Dimensionswechsel der dem Paradigmenwechsel seine ironische Pointe verleiht. Delvoye reproduziert das notwendige Baugerät maßstabsgetreu, doch kostbare Materialien und Verzierungen bilden den Kontrast und verweisen auf eine Welt bürgerliche Ideale, kostbarster Wohnkultur und religiöser Überhöhung. Die stilistischen Anleihen, deren sich Delvoye bedient, reichen von Delfter Kachelmotiven auf Butangasflaschen, gotischer Kathedralsarchitektur im Falle der jüngsten Arbeit: eine Planierraupe marmorappliziert….