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Biennalen: Venedig · S. 340 - 342
Biennalen: Venedig , 1990

Doris von Drathen
Sarkis

»Mein Zimmer der Krutenaustraße als Satellit«

San Lazzaro, 24.5. – 30.9.1990

Das Atelier ist ein besonderer Raum. Seit die Wortbedeutung Werkstatt – Atelier leitet sich ja von einer Banalität wie “astella” = Holzspan ab – überwunden war und der neue Typus des gottähnlich-freischöpfenden Künstlers sich in der Renaissance-Gesellschaft durchgesetzt hatte, war dieser Raum als Ort des Geistes, der Musen, der Zurückgezogenheit von Welt und Alltag immer wieder dargestellt worden. Dürers Hl. Hieronymus in seiner abgeschiedenen Klause mit den memento-mori- und den vanitas-Motiven hat solche Bilder in Serie geprägt.

Es sind Bilder, die den Blick öffnen in diese “Kreativ-Zelle”. Sie geben dem Betrachter als “Voyeur” die Möglichkeit nachzuvollziehen, wo ein Kunstwerk, ein philosophischer Gedanke, eine poetische Komposition geschaffen worden ist, verbreiten die Illusion, über den Entstehungsprozeß Mitteilung zu machen, versprechen, ein Stück jedenfalls, das Geheimnis zu lüften, das den Moment, wo eine Idee geboren wird, umgibt. So ist es vielleicht auch zu erklären, daß Atelier-Museen so große Anziehungskraft haben – das El-Greco-Studio in Toledo, das Delacroix- oder das Brancusi-Atelier in Paris sind Pilgerorte. Sie sind begehbare Kunstgeschichte, gar begehbare Kunstwerke.

Sarkis kehrt diese Tradition um, wenn er sein “Zimmer der Krutenaustraße als Satellit” zum nicht begehbaren, frontal gezeigten Objekt macht. Mit der Akribie Giacomettis versucht Sarkis, sich seines eigenen Raumes zu bemächtigen.

“Modelle” nennt er die Objekte. Modelle im Maßstab 1/5, 1/10, 1/20, 1/50 hat er gebaut und in dem alten armenischen Kloster der venezianischen Insel San Lazzaro ausgebreitet. Seit dem frühen 18. Jahrhundert gehört die Insel den Armeniern, ein Geschenk der Dogen…


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