STEFANIE SEMBILL
Sarah Sze
Das Mädchen mit den Zündhölzern?
Oft jauchzen die Betrachterinnen und Betrachter, wenn sie als Einzelteile der beziehungsreichen Gebilde von Sarah Sze Q-Tips und Streichhölzer, Zollstöcke und Plastiklöffel erkennen. Fragil und feminin sind Attribute, die die Kommentare häufig bestimmen. Von Fleißarbeit und Verspieltheit ist die Rede. Kritiken und Katalogbeiträge beginnen häufig mit einer Aufzählung der verwendeten Materialien, so dass fast der Eindruck entstehen könnte, Sze habe sich im Kunstfeld als das “Mädchen mit den Zündhölzern” etabliert.
Doch die komplexen ortsspezifischen Arbeiten Szes sind nicht feminine Ausdrucksweise, Resultat eines Bastelwahns oder gar angewandte Kunst, sondern vielmehr materielle Bezugs- und Verweissysteme. Diese von der Künstlerin geschaffenen Strukturen sind durch ein Neben- und Miteinander von Alltagsgegenständen gekennzeichnet. Die seit Mitte der neunziger Jahre verwendeten Massenwaren – so banal und allgegenwärtig, dass wir sie in unserer unmittelbaren Umgebung kaum noch wahrnehmen – sind zunächst “modus operandi”, Arbeitsmaterial, und nicht vordergründig Indikator einer Konsumkritik. Oftmals wuchern die Arbeiten über den ihnen zugeschriebenen Raum hinaus, verästeln und verschachteln sich, ohne jedoch ein klar erkennbares Zentrum zu besitzen. Die Agglomerationen der Gebrauchsgegenstände lassen an Brücken, Türme, Wendeltreppen – an Architekturen denken. Die urbane Grammatik wird jedoch immer wieder aufs Neue durch eine organische Formsprache gebrochen, und reale Pflanzen und Plastikersatz finden ihren Platz in den Szenarios.
Ausgangspunkt sind häufig Zeichnungen. Das von Sarah Sze am Ende geschaffene Geflecht betont immer auch den Wesenszug des entsprechenden architektonischen Kontextes. Während es sich zur BerlinBiennale 1998 um die baufällige und geschichtsträchtige Akademie der Bildenden Künste am Brandenburger Tor handelte, die mittlerweile…