Andreas Denk
Sam Francis
Eine Retrospektive
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, 12.2. – 18.4.1993
In nie zuvor gesehener Fülle breitet Pontus Hulten das Werk seines alten Freundes Sam Francis in der Bundeskunsthalle aus. Bei einer Betrachtung der fünf verschiedenen, sich gegenseitig erläuternden Abteilungen – großformatige Öl- und Acrylbilder, Radierungen, Lithographien, Monotypien und Siebdrucke – leitet vor allem die unkonventionelle Hängung der Großformate eine Erkenntnis der Werkgenese des 70jährigen Amerikaners an.
Die zwar in Werkgruppen gehängte, auf eine kontinuierliche Abfolge der Arbeitsphasen jedoch verzichtende Anordnung konfrontiert synchronoptisch ältere Bilder mit ganz neuen und vermittelt so einen Eindruck von einer gewissen Periodizität in Francis’ Werk, der sich bei einer üblichen Hängung vielleicht so nicht einstellte.
Sam Francis hatte nach eigenem Bekunden immer Angst davor, von “der Farbe überwältigt zu werden”. Ganz folgerichtig ist sein Werk geprägt durch ständige “Angriffe” einer opulenten Farblust des Künstlers, die er selbst jedoch mit immer neuen malerischen Mitteln bekämpft – bis er zuletzt sich selbst unterlegen ist. Ähnlich durchgängig ist sein Ouvre geprägt durch das Gegensatzpaar Ordnung und Unordnung, die ebenfalls perio-disch dominant sind.
Francis hat als Autodidakt während eines Krankenhausaufenthaltes im Liegen mit dem Malen begonnen. Erste gültige Arbeiten verraten noch die Einflüsse des damals “üblichen” Abstrakten Expressionismus. Eine schnörkellose Hängung belegt den Take-off, den Francis innerhalb kurzer Zeit erlebte: Referiert ein unbetiteltes Bild von 1947 noch ein halb gegenständlich zu fassendes wirkliches Frühwerk, erhebt sich das unmittelbar benachbarte “Grey” (1951) schon zu eigener Attitüde. Es bildet den Auftakt für eine Reihe opak-getupfter, diffus-nebliger, sicherlich Zen-beeinflußter Gewölke, die beim…