Jürgen Raap
Salvador Dali
»La gare de Perpignan – Pop, Op, Yes-yes Pompier«
Museum Ludwig Köln, 17.3. 2006 – 25.6. 2006
Als um 1960 die ersten “Gastarbeiter” aus den Mittelmeerländern nach Deutschland kamen, hielten sie sich hier zu Lande in ihrer Freizeit oft – in lockeren Grüppchen zusammenstehend – auf dem Bahnhofsvorplatz auf. Als Ort ihrer Ankunft stellte der Bahnhof für sie ja den ersten Kontakt zur neuen Lebenssituation im Arbeitsexil dar, und zugleich wurde dieser Platz von ihnen als eine symbolische wie reale Verbindung zur Heimat empfunden, weshalb es sie immer wieder zum Bahnhof zurückzog. Nach der Beschreibung des Religionswissenschaftlers Mircea Eliade sind mystische Orte für uns notwendige Orientierungspunkte in der Welt. Dazu zählt er Kirchengebäude, die ja in der Regel auch das äußerliche optische Wahrzeichen einer Stadt sind. Wenn indessen Joseph Beuys davon sprach, im 20. Jahrhundert hätten die Mysterien auf dem Hauptbahnhof stattgefunden, dann interpretierte er die Bahnhöfe als Kathedralen des Industriezeitalters nicht nur in einem ästhetischen, sondern ebenfalls in einem spirituellen Sinne.
Für Salvador Dali (1904-1989) war der Bahnhof von Perpignan der “Mittelpunkt des Universums”. 1795 bestimmten französische Astronomen den Meridianbogen auf der Strecke Dunkerque-Barcelona, und von dieser Messung leiteten sie dann den “Urmeter” ab, den Dali später in seiner persönlichen Mythologie als “Maß Gottes” interpretierte. Nur zwölf Kilometer vom Bahnhof von Perpignan entfernt verläuft diese Meridianlinie durch den Ort Sales. “La Gare de Perpignan” (1965) gilt als eines der Schlüsselwerke Dalis, der diesem Bild noch den Untertitel “Pop, Op, Yes-yes Pompier” gab. 1978 kaufte das Sammlerehepaar Ludwig…