THOMAS WULFFEN
Sabine Groß – Im Modell
Realität wird begriffen, in Begriffen. Diese übersetzen das, was Realität ist oder sein kann, in ein strukturiertes Ganzes. Dabei wird übersehen, dass eine begriffliche Rekonstruktion immer auch eine Konstruktion ist. So werden der Realität Elemente hinzugefügt, die nur auf der konzeptuellen Ebene eine Existenz behaupten können. Damit wird die Rekonstruktion durch Konstruktion ergänzt. Dieser Standpunkt lässt sich auch erweitern zu der Feststellung, dass Realität als Ganzes eine Konstruktion ist. Eine Entscheidung für oder gegen diese Feststellung bedürfte eines Laplace’schen Dämons, der weiß, wie sich die Welt entwickelt.
Im Werk von Sabine Groß verbinden sich diese Wiederentdeckung konzeptueller Strategien und die Präsentation des Betriebssystems Kunst als Kunst zu einem Komplex, der Darstellung, Begriffsarbeit und Kritik zusammenfasst.
Ausgangspunkt ist die konkrete Beobachtung spezifischer Funktionsweisen im System Kunst. Dabei steht im Vordergrund der kreative Prozess, wie er vom Künstler, der Künstlerin initiiert wird oder in den er oder sie eingebunden ist. In der Vorgehensweise und der Darstellung bei Sabine Groß aber entsteht eine spezifische Ambiguität, die sich nicht auflösen lässt. Denn die Darstellung im Werk von Sabine Groß leiten sich immer von einer stringenten Arbeit an Begriffen her. Das wird besonders deutlich in der Arbeit ‘Artist Tools’, die auf einem stringentem Begriffssystem und deren Ableitungen beruht. Ausgehend von Grundkategorien, die notwendiges Ingredienz des kreativen Prozesses sind, werden die sich daran anschließenden Begriffe entwickelt. Die Begriffe finden eine materielle Umsetzung in sogenannte Bücherschatullen, die den Komplett-Text zu den jeweiligen Oberbegriffen (Ehrgeiz, Optimismus, Obsession, Zufall, Glamour…) enthält sowie das Videoband mit…