Stahlgestalt” nannte Klaus Theweleit jenen soldatischen Typus, der jeden Schmerz erträgt und in allen Gelegenheiten die Triebe zu zügeln weiß. Die Grundlage dieser Standfestigkeit bildet der Körperpanzer, der sich, da sich hinter ihm ein Mensch verbirgt, jedoch als brüchiger erweist, als er scheint, und von psychologischer Seite zu Recht als Störung begriffen wird.
Die junge Münchner Künstlerin Sabine Groß, derzeit DAAD-Stipendiatin in New York, hat für eine vierteilige Serie Illustrationen aus einem Bioenergetikband verwendet, die Energieströme im Körper eines verpanzerten und nicht verpanzerten Menschen sichtbar machen. Zum Diptychon wird die jeweilige schematische Darstellung durch ein sehr unscharfes Foto komplettiert, das – kaum erkennbar – Helmut Kohl eine unbekannte Person die Hand schütteln zeigt. Der für die Medien gemachte inhaltsleere Händedruck des Politikers wird hier mit einer Zeichnung konfrontiert, die das Innere des Körpers freigibt und demonstriert, was diese einfache Geste im Menschen je nach Disposition auf unterschiedliche Weise bewirkt. Doch die Künstlerin benutzt diese Darstellungen nicht nur wegen ihres Informationswerts, sondern auch wegen ihrer spezifischen graphischen Ausdruckskraft, die eine Reihe unterschiedlicher Assoziationen zuläßt: die Geometrisierung des Körpers, der muskulöse männliche Körper als Idealbild (Schwarzenegger) und zur Comicikone (Superman) schematisiert, das Sich-Hände-Reichen, das entsprechend der göttlichen Berührung Adams in der Sixtinischen Kapelle eine (Energie-)Übertragung visualisiert.
Auch in den sonstigen Arbeiten dieser Ausstellung stellt Sabine Groß Innen und Außen als polare Kategorien gegenüber. Träume dringen nach Außen, werden in “Ausschnitt” (1992) zum Objekt, zum Bestandteil eines Einrichtungsgegenstands, aus dem der Rezipient sie wie aus einem Bücherregal in Form von beschriebenen Glasplatten ziehen kann. Die…