Ryan Gander
Culturefield, oder Kunst als Notausgang in die Gegenwelt
von Herbert Kopp-Oberstebrink
Von der Leere, der Unsichtbarkeit und dem Spiel der Bedeutungen:
I Need Some Meaning I Can Memorise (2012)
Hamlet: Do you see nothing there?
Gertrude: Nothing at all, yet all that is I see:
(Hamlet II,4)
Man betrat das Museum Friedricianum, das Herzstück der Documenta 13, wandte sich entweder in den linken Flügel des Gebäudes oder den rechten und war überwältigt – nicht von der Fülle der ausgestellten Werke, sondern von der Leere, der Weite des Raums, dem Weiß der Wände. Da war nichts zu sehen, ausser anderen Besuchern, die umhergingen, teils ziellos, denn die sonst wie gewohnt und erwartet die Besucherströme lenkenden Werke fehlten. Die ungerichtete Aufmerksamkeit mäanderte, und in dieser ungerichteten Bewegung wurde eine andere Bewegung spürbar: die der Luft. Andere Sinne als die Wahrnehmung machten sich bemerkbar; vom Betrachter, der nichts zu sehen bekam, wurde der Besucher zum Spürenden. Unsicherheit machte sich breit: gehörte der Luftzug – für einen Ausstellungsraum eher ungewöhnlich – in den Bereich der banalen Alltäglichkeiten des Sommers in Deutschland? Oder handelte es sich um eine planvolle, von Kunstwollen motivierte Angelegenheit, wie der hoch besetzte Kunstraum nahe legte? Hatte am Ende etwa doch nur jemand vergessen, irgendwo das Fenster zu schließen? Wo die Sinne durch Leere nicht entspannt, sondern zusätzlich angespannt werden, wird der Betrachter und Fühlende zum Akteur. Der machte sich auf den Weg, und tatsächlich, er entdeckte in einem kleinen Seitenraum ein offenes Fenster. Damit schien zumindest…
