Rune Mields: 1984 – Hommage à Orwell
Museum Mönchengladbach
Manch ein Unkenrufer oder Prophet wird sich im kommenden Jahr befleißigen, dem ‘big brother’ seinen Tribut zu zollen. Die Kunstszene weiß auch, was sich gehört. Da Höllenvisionen ebenso zum kulturellen Pflichtkanon gehören wie die Dennoch-Paradiese, wird 1984 wohl in allen Variationen auf der Bühne der Elite-Denker beschworen werden. Schon deshalb ist es zu begrüßen, daß Rune Mields ihr 1984 – Hommage à Orwell schon 1983 im neuen Museum zu Mönchengladbach vorstellt. Es wird vermutlich nicht allzu viele Visionen in diesem Radius geben, die zugleich so naheliegend aus einer künstlerischen Entwicklung und Konzeption hervorgehen und so vielschichtig sich zwischen Bedrohung und Befreiung, Bewußtsein und visionärer Intuition entfaltet wie dies für das von Rune Mields vorgestellte Werk in Mönchengladbach gelten kann.
Im kleinen Ausstellungskabinett erblickt man auf der Frontwand zwei Leinwandtafeln, ein Diptychon, nicht von ungefähr in dieser räumlichen Konstellation an ein Altarbild gemahnend: auf der Fläche die unerschütterlich ruhige Abfolge eines Computerausdrucks. Er gilt dem schweren Wasserstoff – nicht seiner tatsächlich bedrohlichen physischen Existenz, sondern seiner mathematisch zerlegbaren wissenschaftlichen Verfügbarkeit. Die Menschheit hat sich daran gewöhnt, daß die Wissenschaftler mit ihren instrumentalen Spielzeugen die Wirklichkeit schon in den Griff bekommen werden. Aber erfassen sie, was sie tun? Dem Laien jedenfalls sagen diese Zahlenausdrücke so wenig wie alle anderen. Es ist die Magie des 20. Jahrhunderts. Andere haben den Schlüssel. Nicht genau diese Ahnung, aber eine recht verwandte trieb Orwell 1948 zu seiner Vision vom großen Bruder, Inbegriff eines totalitären Staates, indem der Einzelne nichts weiter…