ANSELM CRAMER
Rolf Rose
Die Geschichte moderner Kunst hat eine Grundsituation autonomer Malerei herausgestellt. Der Maler kann seinen Umgang auf Farbe und Bildrechteck beschränken, zwei antagonistische Emanzipationsstufen liegen bereits zurück: einerseits gestischer Niederschlag subjektiver Gemützzustände in dann projektiv besetzbare Farbqualitäten, andererseits die physisch-physikalische Selbstentfaltung großer Farbflächen, sei es per Tränken, Sickern, Tropfen oder in der besseren Figur eines geometrischen Korsetts.
Im Augenblick sind Synthesen denkbar. Rolf Rose (1933 geboren, Autodidakt, in Hamburg lebend) artikuliert die Herausforderung dieser längst nicht abgeschlossenen Situation in geduldigem und sorgfältigem Arbeitsgang: Auf den stoffbespannten fest unterlegten Bildträger wird per Spachtel wachsversetzte Ölfarbe im angewärmten Zustand aufgetragen, Rot, Blau oder Grün. Das Handwerk ergibt so einen Oberflächenrhythmus aus Parallelstreifen oder Bögen. Glättendes Abziehen mit dem Breitspachtel kann als Überlagerung ein zweites Riffelmuster aufs Bild bringen. In die fast trockene Schicht wird Graphitpuder eingerieben, bis die Grundfarbe nur noch als schwache Tönung durch die mattglänzende Graumonochromie schimmert, einer gegossenen Metalloberfläche vergleichbar.
Aus der Nähe provozieren Oberflächendetails haptische Erfahrung, und bremsen die Relationen setzende Obersicht. Annähernd quadratische Bildformate bis zwei Meter Seitenlange entsprechen der Bewegungsreichweite von Maler oder Betrachter. Bei zunehmender Entfernung und von diffusem Licht begünstigt verschwimmt die materielle Feinstruktur zunächst in einer ausgeglichenen Zufallsverteilung.
Weiter steigern Akkomodationsschwierigkeiten des Auges die Farbwirkung in Richtung auf suggestive Immaterialität. Gleichzeitig und die Spannung erhöhend wächst die Übersichtlichkeit: Das starkprofilige große Graufeld mit geringer Flächendynamik entwickelt objekthafte Massigkeit, deren Zustandekommen an das richtige Verhältnis von Format und Mikrostruktur gebunden ist. Man braucht sich nicht zu genieren, dieser Einheit aus Glanz und monochromer Schwere Feierlichkeit…