Matthias Reichelt
Rohkunstbau XVII
»Atlantis II / Hidden Histories – Imagined Identities«
Heinrich Böll-Stiftung im Schloss Marquardt, 9.7.10 – 12.9.2010
Die Ausstellung Rohkunstbau ist für Berlin ein fester Bestandteil des sommerlichen Kulturlebens geworden und genießt prominente Förderung. Für dieses Jahr hat José Manuel Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, die Schirmherrschaft über die nunmehr 17. Ausstellung übernommen. Gefördert wurde das Ganze durch Bundeskulturstiftung und den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und die Heinrich Böll-Stiftung trat in diesem Jahr als Veranstalter auf. Das Projekt kann auf eine Reihe geglückter Ausstellungen zurückblicken. Zum zweiten Mal residiert es im kulissentauglichen Schloss Marquardt, das schon mit seiner malerisch schönen und etwas verwilderten Parkanlage von Lenné einen Besuch lohnenswert macht. Ob allerdings die 17. Ausstellung und der zweite Teil der im letzten Jahr begonnenen Beschäftigung mit Atlantis in der zeitgenössischen Kunst zu den gelungenen Jahrgängen zählt, ist zu bezweifeln. Platons Mythos von der untergegangenen imperialen Seemacht Atlantis mit ihren sowohl elitären als auch egalitären Zügen zum Ausgangspunkt angesichts heutiger Krisen und Kriege zu nehmen, dagegen ist nichts einzuwenden. Doch nur wenige Arbeiten von den zehn Künstlerinnen und Künstlern überzeugen sowohl ästhetisch als auch inhaltlich. Gemälde von ineinander wild verschlungenen Bahnen von Sean Dawson lassen den Betrachter ratlos. Wird hier auf Datentransfer oder auf das von Reizüberflutung überstrapazierte Nervengewebe Bezug genommen? Ori Gersht befasst sich mit Walter Benjamins These vom Engel der Geschichte, die dieser – inspiriert von Paul Klees Bild „Angelus novus“ – entwarf. Den darin enthaltenen Geschichtspessimismus kombiniert Gersht in seiner zweiteiligen Diaprojektion mit Benjamins…