Maribel Königer
Rodney Graham/Ian Wallace
Galerie Rüdiger Schöttle, 23.3. – 28.4.1990
Der mit 47 Jahren älteste der intellektuellen Concept-Art-Clique aus Vancouver, Ian Wallace, stellt neue Arbeiten in einer Technik vor, die man von ihm seit der “Poverty”-Serie von 1980 kennt: Fotografie und monochrome Malerei stehen scheinbar beziehungslos nebeneinander. Das auf die Leinwand applizierte Foto stellt präzise, aber mit intendierter Beiläufigkeit Situationen, Szenerien, Stilleben dar. Die gewählten Ausschnitte evozieren ein alltägliches Umfeld, über den Titel, z.B. “In the Studio”, stellt sich ein Kontext her. Eingefaßt sind diese narrativen Felder von mehr oder weniger breiten, einförmigen Farbstreifen. Dadurch bauen sich Polaritäten auf zwischen darstellenden und nicht darstellenden Zonen sowie zwischen dem technischen Verfahren der Fotografie und dem handwerklichen der Malerei. Durch die Verknüpfung von Reduktion und Erzählfreude, von individueller und reproduktiver Technik, von Präsenz und Repräsentation erlaubt Wallace dem Betrachter mehrfache Lesarten des Antithetischen. Außerdem sind Sehvorgänge, die die heterogene, abstrakt gegliederte Fläche nach Proportionsmerkmalen absuchen, dem Künstler, der sein kunsthistorisches Studium mit einer Arbeit zu Piet Mondrian abschloß, gut bekannt. Bildmacht und Bildsprache beschäftigen sich hier mit der eigenen suggestiven Kraft, mit dem klassischen Thema der kanadischen Künstlergruppe eben. Die Bilder von Ian Wallace führen das fort, was er und seine Kollegen in einem anderen Medium, als Kunstkritiker, ebenfalls tun: Sie sprechen über Kunst. Jene Doppelexistenz als Kritiker und Künstler, die den Clan aus Vancouver auf der Basis eines gemeinsamen historisch fundierten, semiologischen Interesses an Kunst verbindet, und jener aufklärerische Vorsatz, der immer noch mit dem Dualismus These – Antithese arbeitet, scheinen auf…