Martin Seidel
Robert Rauschenberg
Retrospektive
Museum Ludwig, Köln, 27.6. – 11.10.1998
Bei Robert Rauschenberg denkt man unausweichlich an die “combine paintings”, jene Tafelbilder, die aus der Zweidimensionalität ausbrechen und Stoffe, Hölzer, Seile, Bleche, Uhren, Schilder und anderes mehr integrieren, und die uns ein ums andere Mal bedeuten: Der von Malern und Bildhauern gleichermaßen erhobene Anspruch auf die Überlegenheit der Gattung und deren gemeinsam gewahrte Distanz zum schnöden Alltagsleben schwinden nirgends schöner dahin als bei dem gebürtigen Texaner.
Robert Rauschenberg ist aber nicht nur “Combiner” und damit ein Wegbereiter der Pop Art. Seiner Wandlungsstärke wegen wird der Zweiundsiebzigjährige, der das eindimensionale Etikett Pop Art weit von sich weist, gerne als “Picasso unserer Zeit” bezeichnet. Und wie nun in aller Ausführlichkeit in der von Philipp Morris gesponsorten Mammut-Retrospektive im Kölner Museum Ludwig zu sehen und zu würdigen, machen Rauschenbergs von unterschiedlichsten Materialien und künstlerischen Konzepten lebenden Gemälde, Collagen, Installationen und Druckgraphiken tatsächlich gewaltige Sprünge. Zwar ist die Kölner Schau gegenüber den amerikanischen Stationen in New York und Houston (insbesondere um das in seinen Ausmaßen gigantische work in progress “The 1/4 Mile or 2 Furlong Piece”) abgespeckt, doch bleibt sie mit rund 300 Bildobjekten aus fünfzig Schaffensjahren (und einem 600seitigen Katalog-Koloß von dreieinhalb Kilo!) noch immer die größte Ausstellung, die das Ludwig-Museum je zu bewältigen hatte. Nicht nur im Ausstellungstrakt des Museums, sondern auch in den Räumen der ständigen Sammlung kann man sich dieses Werk, in dem Wandel das Beständigste zu sein scheint, zu Gemüte führen.
Von den anfänglichen abstrakten Malereien bis hin zu den neuesten figuralen…