Heinz-Norbert Jocks
Robert Doisneau
Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, 26.1.-6.4.1997
Institut Français, 28.1.-6.4.1997
Populär? Nein, das ist Robert Doisneau nicht, trotz fröhlicher Massenreproduktion in Postergröße, dafür aber berühmt. Und das, obgleich sein meisterhaftes Können weiß Gott nicht allzu oft retrospektiv bedacht wurde. Vor einem Teil seines von Kunstverein und Institut Français präsentierten Bilderberges wird erneut klar: Die Fotografie widerspricht unserer alltäglichen Zeitwahrnehmung. Die Verschlußgeschwindigkeit der Kamera friert alles ein, was sich bewegt, und verwandelt es in einen schönen Stillstand, der unserem Sehen nicht nur mehr Zeit läßt, sondern auch die ewig verlorene in Erinnerung ruft. Erst dadurch, daß der 1912 in Gentilly geborene Vorortstreuner wie andere seiner Zunft, der Zeit ihre Erscheinungen, weil deren Gleichgültigkeit unterworfen, entnahm, läßt sich verstärkt darüber nachsinnen, was per Bewegung verschwindet. Eben noch Lebendiges verkehrt sich in eine erstarrte Ersatzfiguration, die zum Verweilen einlädt.
Ja, Robert Doisneau war so etwas wie ein herumlungernder, obgleich darin nicht zielloser Flaneur, der sich in Geduld übte, darin er sein Kapital sah. Einer, der mehr als nur eine kleine Ahnung von der “hypnotischen Kraft” besaß, die in bestimmten Fällen mit den Jahren reift. Eine Beobachtung, die sein eigenes Werk nun quasi bestätigt. In “Drei Sekunden Ewigkeit”, dem nun wiederaufgelegten Katalogtext von literarischer Qualität, erzählt er, ihn zöge das Licht so stark an, daß er daraufhin “wie ein Irrer” zu laufen beginne. Dabei spricht er von Insekten, bei denen wir derartige Reaktionen “Phototropismus” nennen. Verliebt in Paris, vermied Doisneau den auswendiggelernten Blick, indem er seine Marschrouten variierte. Er entwarf Strategien der Selbstüberlistung…