JÜRGEN RAAP
Robert Crumb
“Yeah, but is it Art?”. Drawings and Comics
Museum Ludwig Köln, 28. 5. – 12.9.2004
Zum ersten Mal kam ich 1970 als achtzehnjähriger Oberprimaner mit den Comics von Robert Crumb in Kontakt. Mein Banknachbar hatte das “Head Comix”-Album in die Schule mitgebracht. Heimlich lasen wir unter der Bank die Geschichten von Fritz the Cat und Mr. Natural, während sich vorne der Englischlehrer abmühte, uns die Sprache und die Welt von William Shakespeare nahe zu bringen. Bald darauf wunderte sich dieser Lehrer, wieso in unseren Aufsätzen auf einmal amerikanische Slang-Ausdrücke auftauchten, die er uns überhaupt nicht beigebracht hatte.
Als ich dann nach dem Abitur per Autostop kreuz und quer durch Europa trampte, probierte ich dieses Robert-Crumb-Englisch in einer schäbigen Stockholmer Matrosenkneipe aus, ebenso bei einem schottischen Fernfahrer, der seinen Truck mit jaulendem Motor in die Highlands hinauf knüppelte. Ein bisschen fühlte ich mich wie jener freigeistige matte Wanderer, den Crumb mit einem zerbeulten Koffer in der Hand eine Straße mit endlos langen Telegrafenleitungen entlang laufen lässt.
Die Generation, die damals gegen den Vietnam-Krieg demonstrierte, bekam durch diese Comics ihre kritische Einstellung zum American way of life bestätigt: “Big Cars, Diet Foods, Las Vegas, Miami Beach, Motor Boats, Expensive Wine, ,Mod’ Clothes…” zählt Crumb als die typischen Merkmale einer hemmungslosen und sinnentleerten Konsumkultur auf (“The Parent Culture”, 1975). Crumb illustrierte mit realistischer Drastik, wie wir Adornos Beschreibung der Lebenslügen verstanden hatten.
Seine Geschichten bevölkern gummiknüppelschwingende brutale Polizisten, weiße Mittelstands-Spießer mit rassistisch motivierten Ängsten und mit Sexualneurosen, ständig bekiffte Beatniks und coole farbige Blues-Musiker…