Jürgen Raap
Rob Scholte
Galerie Paul Maenz, 29.4. – 28.5.1988
Daß eine “Nachtwache” gemeinhin bei Dunkelheit stattfindet und das Antlitz der Wächter bei unzureichender Beleuchtung nur noch undeutlich zuerkennen ist, hatten Rembrandts Auftraggeber nicht einsehen mögen. Der niederländische Maler Rob Scholte attackierte unsere Ansprüche an die Wahrhaftigkeit der Wiedergabe, da ja gleichzeitig immer Konzessionen an die persönliche Eitelkeit verlangt werden. “Blonds prefer Gentlemen”: Der Original-Filmtitel von “Blondinen bevorzugt” wird ins genaue Gegenteil verkehrt; Marylin Monroe erscheint nicht etwa als die bekannte Glamour-Schönheit im hautengen Kleid, sondern als pummelige Fünfjährige mit pausbäckigem Gesicht und aufgeworfenen Lippen, zudem im überweiten schlabbrigen Matrosenmantel. Der Wahrheit ist damit Genüge getan. Rob Scholte weiß, daß der Portraitmaler als psychoanalytisierender Paßbildner ausgedient hat. Wenn auch jene Kritik, die Rembrandt zu spüren bekam, auch noch 300 Jahre später Oskar Kokoschka traf, als dieser sein Adenauer-Bildnis vorstellte (Volksmund: “Der hat doch gar nicht solch hängende Schultern!”), so leben wir dennoch schon lange mit dem Umstand, daß aus dem inszenierten Medien-(Ab)Bild keinerlei Identität mit dem tatsächlichen Original mehr ersichtlich wird. Scholte räumt denen auch mit der überlieferten Vorstellung gründlich auf, ein Portrait müsse die exakte Fixierung äußerlicher physiognomischer Eigenheiten nebst malerischer Beschreibung von Charakter und seelischer Verfaßtheit bieten. Sein “Selbstportrait” besteht lediglich aus einem eingerahmten roten Copyright-“C” auf gelbem Grund. Damit haben wir über Rob Scholte als Künstler genug erfahren. Rembrandt mußte seinen unverwechselbaren Gesichtsausdruck verewigen, weil es damals noch kein Urheberrecht gab.
Andy Warhols ausdrückliches Bekenntnis zu den Images und Klischeevorstellungen, mit denen eine Person des öffentlichen Lebens behaftet ist, wird…