Richard Gerstl
Retrospektive
Schirn Kunsthalle 24.02. – 14.05.2017
von Daniela Gregori
Der junge Mann muss von sich selbst unheimlich überzeugt gewesen sein und so schreibt er in seinen Ärger darüber, für eine Ausstellung von Schülern der Wiener Akademie nicht ausgewählt worden zu sein, gleich an das Unterrichtsministerium einen denkwürdig wie wütenden Brief. Der Rektor des Hauses würde für ihn keine Instanz darstellen und sein Lehrer hätte ohnehin über ihn gegenüber Kollegen geäußert: „Er (nämlich ich) geht ganz neue Wege, man kann ihm schwer folgen, aber tun kann ich für ihn nichts.“ Nachdem der mit 22. Juli 1908 datierte Brief bekannte wurde, wollte besagter Akademie-Lehrer, Heinrich Lefler, auch nichts mehr tun für den schwierigen Schüler. Ein Rauswurf ist nicht belegt, doch war es das zweite Mal, dass Richard Gerstl die Akademie verlassen hatte, er sollte auch nicht wiederkommen, am 4.Novemer vernichtet der 25-jährige Künstler sämtliche Briefe und Dokumente und nimmt sich in seinem Wiener Atelier das Leben, ohne jemals nur ein Mal ausgestellt zu haben. Der Grund war wohl weniger ein künstlerischer Selbstzweifel, denn das Ende eines amourösen Abenteuers. Gerstl, Teil des Kreises um Arnold Schönberg, hatte eine Liaison mit dessen Ehefrau begonnen. Als das Verhältnis auffliegt und Mathilde zu ihrer Familie zurückkehrt, wendet sich der Freundeskreis, der wohl die einzigen sozialen Kontakte darstellt, von ihm ab.
Neben der Trias Gustav Klimt, Egon Schiele und Oskar Kokoschka ist Richard Gerstl stets der Vierte, der genannt wird, geht es um Malerei des Wien um 1900, zu tun hat er mit ihnen wenig. Gegen das doch eher…